Algorithmus erkennt Krebsmetastasen

Münchner Forscher haben einen Algorithmus entwickelt, der automatisiert Metastasen erkennt. Die neue Technologie findet sogar einzelne streuende Krebszellen im Körper.

Forschende des Helmholtz Zentrum München, der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und der Technischen Universität München (TUM) haben den Algorithmus entwickelt.

Hintergrund: Mehr als 90 Prozent der Krebspatienten sterben nicht an den Folgen des Primärtumors, sondern an denen der Metastasen. Krebsmetastasen entstehen in der Regel aus einzelnen streuenden Krebszellen, die dem Immunsystem des Körpers entkommen konnten. Bisher war es aufgrund der begrenzten Auflösung von Bildgebungsverfahren wie Biolumineszenz und MRT nicht möglich, diese Zellen im gesamten Körper zu detektieren.

Deep Learning erkennt Metastasen

Das Team um Dr. Ali Ertürk, Direktor des Instituts für Tissue Engineering und Regenerative Medizin am Helmholtz Zentrum München, hat sich zum Ziel gesetzt, diese Hürde zu überwinden. Hierfür hatte das Team bereits vDISCO entwickelt – eine Methode für das sogenannte Tissue Clearing, das das Gewebe eines ganzen Mauskörpers transparent machen kann, um einzelne Zellen abzubilden. So war es den Forschenden mit Hilfe von Laser-Scanning-Mikroskopen möglich, kleinste Metastasen bis hin zu einzelnen Krebszellen im transparenten Gewebe der Mauskörper zu erkennen.

Da eine manuelle Analyse solcher hochauflösender Bilddaten jedoch extrem zeitaufwendig wäre und derzeit verfügbare Algorithmen für diese Art der Datenanalyse eine nur begrenzte Zuverlässigkeit und Verarbeitungsgeschwindigkeit bieten, entwickelte das Team einen neuartigen Deep-Learning-Algorithmus namens DeepMACT. Damit können sie Krebsmetastasen automatisiert erkennen, analysieren und die Verteilung therapeutischer Antikörper in vDISCO-Präparaten abbilden.

300 mal schneller als der Mensch

Der DeepMACT-Algorithmus erfasst die Metastasen mit einer vergleichbaren Genauigkeit wie ein menschlicher Experte – allerdings in mehr als der 300-fachen Geschwindigkeit. „Mit nur wenigen Klicks kann DeepMACT die manuelle Erkennungsarbeit von Monaten in weniger als einer Stunde erledigen. Wir können nun täglich Hochdurchsatz-Analysen von sogar kleinsten Metastasen bis hin zu einzelnen streuenden Tumorzellen durchführen“, sagt Oliver Schoppe vom TranslaTUM, dem Zentrum für Translationale Krebsforschung der Technischen Universität München.

Metastatischen Prozess stoppen

Zusammenfassend zeigen diese Ergebnisse, dass DeepMACT nicht nur eine leistungsstarke Methode zur umfassenden Analyse von Krebsmetastasen bietet, sondern dass es auch ein präzises Werkzeug für die Bewertung therapeutischer Wirkstoffe in vorklinischen Studien ist. „Der Kampf gegen den Krebs ist seit Jahrzehnten im Gange. Es ist noch ein langer Weg, bis wir die Krankheit endlich besiegen können. Um effektivere Krebstherapien zu entwickeln, müssen wir die metastatischen Mechanismen bei verschiedenen Krebsarten verstehen. Ziel ist es, tumorspezifische Medikamente zu entwickeln, die den metastatischen Prozess stoppen können“, erklärt Ertürk.

DeepMACT ist öffentlich verfügbar und kann in jedem Labor eingesetzt werden, das sich auf verschiedene Tumormodelle und Behandlungsmöglichkeiten konzentriert. „Heute liegt die Erfolgsrate klinischer Studien in der Onkologie bei rund fünf Prozent. Wir glauben, dass DeepMACT den Entwicklungsprozess von Medikamenten in der vorklinischen Forschung erheblich verbessern kann. So könnte es helfen, leistungsfähigere Wirkstoffkandidaten für klinische Studien zu finden und hoffentlich dazu beitragen, viele Leben zu retten.“