Zweite Runde für den Healthcare Hackathon

Wie kann die Digitalisierung Vorteile für die Gesundheitsversorgung bringen? Wie lässt sich Künstliche Intelligenz (KI) nutzen und als „Open KI“ schneller für alle verfügbar zum Einsatz bringen? Teams aus Pflegenden, Ärzten, Programmierern und anderen Experten vertiefen diese Fragen nun bei der Fortführung des ersten „Healthcare Hackathon Mainz“ in Berlin. 

Zehn der in Mainz angetretenen Teams entwickeln ihre Projektideen weiter. Aus der Verknüpfung von Erfahrungen und digitalen Anwendungen sollen sich neue Optionen in der Patientenversorgung ergeben. Unter anderem werden fünf digitale Ideen für die Patientenversorgung und Mitarbeiterentlastung vorgestellt.

Gestensteuerung spart Zeit

Das Projekt Pflegedoku zeigt per Gestensteuerung und Spracheingabe, wie die Digitalisierung in der Pflege genutzt werden kann. Ziel ist es mehr Zeit für den Patienten zu haben. Dazu adaptiert das Entwicklertram die von Spielkonsolen bekannte Gestensteuerung. Mit einer einfachen Geste können die Pflegekräfte so die Dokumentation vornehmen. Dazu müssen sie zum Beispiel nicht ihre Handschuhe ausziehen. In Demopatientenzimmern hat das Team die neue Lösung bereits erfolgreich getestet.  In Berlin will die Projektgruppe am Thema weiterarbeiten und verschiedene andere Eingabemöglichkeiten wie Spracheingabe und kontaktlose Pulsmessung integrieren.

Ein weiteres Team hat auf dem Hackathon in Mainz die App Bee entwickelt. Sie ermöglicht die interaktive Einarbeitung neuer Mitarbeiter mittels Videotutorials und Multiple Choice-Fragen. In Berlin geht es nun darum, das Einarbeitungstool weiter zu verfeinern.

VAC-Pumpen per IoT-Knopfdruck nachbestellen

Das Mainzer IoT-Team will Anwendungen des Internet der Dinge (Internet of Things – IoT) praktisch im Gesundheitsbereich umsetzen. Dazu bearbeitet das Team einen logistischen Prozess, in dem die Digitalisierung der verschiedenen Schritte zur Entlastung der Pflege führen soll. Sogenannte VAC-Pumpen verbessern den Heilungsprozess durch das Absaugen des Wundsekrets mit Unterdruck. Das Ziel des IoT-Projekts ist, die Nachbestellung dieser VAC-Pumpen durch WLAN-unabhängige kleine kostengünstige IoT-Buttons zu realisieren. Die Technik könnte zukünftig den herkömmlichen Bestellprozess ersetzen und lässt sich schnell konfigurieren.

An der Universitätsmedizin Mainz ist Ende Juli der IoT-Button für die VAC-Pumpe an den Start gegangen. Auf der Veranstaltung in Berlin berichtet die Gruppe rund um die IoT-Buttons mit Feedbackfunktion vom ersten praktischen Einsatz und die Technologie für weitere Anwendungsfälle konfigurieren. Die Gruppe hat sich mit ihren Arbeiten bis in die USA vernetzt, sodass nun sogar ein Mitglied des Brigham Digital Innovation Hub der Harvard Medical School das Team vor Ort in Berlin unterstützt. 

KI hilft in der klinischen Diagnostik

Wie Künstliche Intelligenz die Entscheidungsfindung beziehungsweise die klinische Diagnostik von Tumorerkrankungen unterstützen kann, ist Thema eines weiteren besonderen Projekts aus Mainz. Dazu unterstützt ein digitales „Drittes Auge“ als Navigator den Pathologen am Mikroskop und zeigt an, wenn sich Krebszellen unter dem Mikroskop befinden. Beim Hackathon in Berlin soll der Einsatz des Systems, bezogen auf den klinischen Kontext, weiterentwickelt werden. Das Team zielt darauf ab zu klären, wie Qualitätsdaten zum Training von KI entstehen und wie KI für alle verfügbar und offen („Open KI“) gestaltet werden kann. Die Gruppe wird dazu ihre DSGVO-konform anonymisierten Projektdaten veröffentlichen und sich mit anderen Initiativen vernetzen, um die Trainingsdaten auch anderen Kliniken zugänglich zu machen. Das Projekt wird bereits jetzt vom Bundesforschungsministerium (BMBF) gefördert. Beim Hackathon in Berlin bildet es die Ausgangsbasis für die KI-Challenge, bei der verschiedene spontan gebildete Teams Entwicklung eigener KI-Applikationen lernen.

Big Data gegen Schlaganfall

Ebenfalls an der ärztlichen Behandlung ist das Projekt „Big Data gegen Schlaganfall“. Hierbei soll der digitale Befund eines Patienten mit Vorhofflimmern – der häufigsten Herzrhythmusstörung – anhand von Routinedaten analysiert werden. Dieser Vorgang wird als tiefe Phänotypisierung oder Englisch „Deep Phenotyping“ bezeichnet. Für die Challenge in Berlin stehen dem Team DSGVO-konform anonymisierte Routinedatensätze zur Verfügung. 

Ziel ist es, mit Methoden des maschinellen Lernens aus diesen Daten Modelle für eine bessere Charakterisierung und Klassifizierung von Vorhofflimmern sowie zur Vorhersage der Dauer des Krankenhausaufenthalts, der Rehospitalisationen oder des Auftretens schwerer Komplikationen abzuleiten. Das Team in Mainz hat den Ansatz gemeinsam mit dem Herzzentrum Leipzig vorentwickelt. Beim Hackathon in Berlin sollen aus dem vielversprechenden Projektansatz „Open KI“ und eine Plattform weiterentwickelt werden.

Über den Healthcare Hackathon

Die Universitätsmedizin Mainz veranstaltet den Healthcare Hackathon gemeinsam mit dem Health Innovation Hub (hih) des Bundesministeriums für Gesundheit, dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) sowie verschiedenen Industriepartnern wie IBM, Intel, T-Systems, Google, Philips, Thieme und Siemens Healthineers.