Smartwatch erkennt Vorhofflimmern

Vorhofflimmern lässt sich mithilfe kommerziell erhältlicher Smartwatches korrekt erkennen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) an der Universitätsmedizin Greifswald und Wissenschaftlern des Universitätsspitals Basel.

Die Ergebnisse der Studie könnten dazu beitragen, dass Smartwatches künftig dazu eingesetzt werden, den Herzrhythmus von Patienten mit einem erhöhten Risiko komfortabel kontinuierlich zu überwachen. Die Hoffnung: Vorhofflimmern wird früher entdeckt und dadurch das Risiko für einen Schlaganfall reduziert.

Durch verstärkte und verlängerte Screenings des Herzrhythmus könnte Vorhofflimmern häufiger rechtzeitig erkannt werden. Professor Marcus Dörr von der Universitätsmedizin Greifswald und seine Schweizer Kollegen vom Universitätsspital Basel untermauern, dass mithilfe von Smartwatches der Herzrhythmus bequem im Blick bleibt. In einer prospektiven kontrollierten Studie haben sie dafür an 508 Personen mit und ohne Vorhofflimmern untersucht, ob eine Smartwatch mit einer App zur Aufzeichnung des Herzrhythmus Vorhofflimmern akkurat detektieren kann. Die Aufzeichnungen der Smartwatches wurden dazu mithilfe eines Algorithmus analysiert. Ergebnisse wurden mit einem mobilen EKG-Gerät verglichen, bei dem für die Messung je zwei Finger der rechten und linken Hand auf eine Elektrode gelegt werden. Diese EKGs wurden anschließend von Ärzten ausgewertet, denen keine weiteren Informationen über die Teilnehmer vorlagen. Es zeigte sich, dass die Smartwatch Vorhofflimmern mindestens genauso gut und akkurat wie das mobile EKG detektieren kann. „Besonders wichtig war, dass durch die App nicht zu viele falsch-positive Befunde erhoben wurden. Also Vorhofflimmern angezeigt wurde, wenn tatsächlich keines vorlag“, sagt Dörr. Denn dies würde unnötige Untersuchungen und Kosten nach sich ziehen. 

Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung. Experten gehen davon aus, dass sie sie in den nächsten 40 Jahren bei über 55-jährigen sogar doppelt so häufig auftreten wird. Kommt das Herz aus dem Takt, steigt das Risiko für einen Schlaganfall. Antikoagulantien können das Risiko um bis zu 70 Prozent reduzieren. Allerdings bleibt Vorhofflimmern häufig unentdeckt und damit unbehandelt, da es anfallartig auftritt.

Qualitätseinbußen durch Signalstörungen

Probleme gab es im Rahmen der Studie allerdings noch mit der Qualität des Signals. Diese Störungen traten meist auf, wenn die Träger sich bewegten. Dann konnte die Smartwatch den Herzrhythmus nicht immer korrekt erfassen. In der Studie konnten die Wissenschaftler aufgrund schlechter Signalqualität 20 Prozent der Daten nicht auswerten. „Eine mögliche Lösung könnte sein, neben der Verbesserung des Algorithmus den Herzrhythmus nachts mehrfach automatisiert aufzuzeichnen, wenn man sich weniger bewegt“, so DZHK-Wissenschaftler Dörr. 

Eine wiederholte, einminütige Aufzeichnung ist laut Studie übrigens ausreichend, um Herzrhythmusstörungen zuverlässig zu entdecken. Durch ein verlängertes Aufzeichnungsintervall von drei oder fünf Minuten konnten keine besseren Ergebnisse erzielt werden. 

Diagnostische Lücke schließen

Es wird jedoch wohl noch dauern, bis die Smartwatch tatsächlich für ein Screening bei Risikopatienten eingesetzt werden kann. Bis es soweit ist, sind noch weitere größere klinische Studien nötig. Aktuell läuft schon eine EU-finanzierte Studie, die untersucht, ob mit einer Smartwatch beschwerdefreies Vorhofflimmern bei Risikopatienten zuverlässig erkannt werden kann.

Derzeit erhalten Patienten mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern ein Langzeit-EKG, das den Herzrhythmus für bis zu 72 Stunden aufzeichnet. Wird in diesem Zeitraum nichts entdeckt, kann man nach den Leitlinien theoretisch damit aufhören, den Herzrhythmus zu überwachen. Bei sehr hohem Risiko können in ausgewählten Fällen kleine implantierbare Ereignisrekorder hinter das Brustbein operativ eingesetzt werden – eine teure und invasive Methode. Andere externe Geräte zur Rhythmusüberwachung sind kostspielig und werden nicht von den Krankenkassen übernommen. Die vergleichsweise günstige Smartwatch könnte diese Lücke zwischen dem Langzeit-EKG und einem implantierten Gerät schließen.