Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkennt künftig den Burn-out als Krankheit an. In den überarbeiteten internationalen klinisch-diagnostischen Leitlinien, dem ICD-11, der 2022 erscheint, definiert sie Burn-out erstmals als Syndrom, dessen Ursachen in übermäßiger Belastung am Arbeitsplatz zu suchen sind.
In einer Stellungnahme hierzu erklärt Universitäts-Professor Bernhard Baune, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Münster (UKM), wen die Krankheit betreffen kann, was die Ursachen sein können und was vor dem „Ausbrennen“ schützt.
Keine Manager-Krankheit
Der Burn-out betrifft Manager ebenso wie Nicht-Manager. Es ist eine Erkrankung, die vor allem im Kontext des Arbeitslebens entsteht. Die Erkrankung selber betrifft alle Alters- und Berufsgruppen.
Veränderte, gesellschaftliche Anforderungen begünstigen das Entstehen: Der Wandel weg von einer eher körperlich anstrengenden Arbeit hin zu einer geistig und mental orientierten Arbeitswelt betrifft viele Menschen.
Burn-out oder eher nicht?
Zu Burn-out kann führen, wenn die Arbeitsbelastung besonders hoch ist und die Abgrenzung zwischen Arbeitszeit und Freizeit fehlt. Etwa wenn nach Feierabend oder am Wochenende Mitarbeiter sozusagen in ständiger Alarmbereitschaft stehen. Also wenn Mitarbeiter nicht mehr mitentscheiden und kontrollieren können, wann sie zur Verfügung stehen müssen. Und die fehlende Kontrolle darüber verursacht ein Gefühl des Ausgeliefertseins. Der Stresslevel ist dann ständig hoch und senkt sich auch nachts nicht mehr. Das führt zu zunehmenden Störungen, nicht nur des Schlafs sondern auch des allgemeinen Wohlbefindens.
„Weniger gut passt der Begriff Burn-out dagegen bei interaktionellen Problemen am Arbeitsplatz. Also in Fällen, in denen es eher um Sympathiefragen geht, aus denen sich zwischenmenschliche Konflikte ergeben. Solche Konflikte haben nichts mit den Strukturen am Arbeitsplatz zu tun und sind nicht gemeint“, sagt Baune.
Wie sehen die Symptome aus?
Am Anfang steht oft ein subjektives Empfinden von sehr starkem Stress: Man erholt sich nicht mehr vom Arbeitsaufwand und gönnt sich keine Freizeit. Neben dem schon erwähnten schlechten Schlaf sind es Dinge wie Appetitverlust oder auch schlechte Stimmung. Im weiteren Verlauf treten ähnliche Symptome auf, wie klassischerweise bei einer Depression. Aber es gibt auch andere, passivere Erscheinungsformen des Burn-outs: Zum Beispiel eine Art „innere Kündigung“ am Arbeitsplatz. Damit verbunden teils auch ein Leistungsverlust oder immer häufiger auftretende Fehl- und Krankheitstage.
Welche Persönlichkeitstypen sind betroffen?
Tendenziell trifft es eher Menschen mit einer hohen Leistungsbereitschaft und der Neigung, ihre eigenen Grenzen nicht zu akzeptieren. Aber es kann auch Menschen betreffen, die eine schlechtere Selbstregulation haben. Die am Arbeitsplatz zu viel mit sich machen lassen und den Erwartungen anderer immer gerecht werden wollen.
„Ich glaube, es ist wichtig, dass jeder Mensch eine Vorstellung davon hat, wie man sich gesund fühlt und wie man gesund lebt. Im körperlichen wie auch im psychisch-mentalen Bereich. Diese Vorstellung kann einem helfen, zu merken, wie es ist, wenn etwas nicht mehr ganz rund läuft. Also wenn man normalerweise Sport treibt, seinen Interessen nachgeht und soziale Kontakte pflegt, ist es ein Alarmsignal, wenn das plötzlich anders wird“, erläutert Baune.
Risikofaktor ständige Erreichbarkeit
Permanente Erreichbarkeit per Mail, Telefon, WhatsApp, SMS oder anderes ist ein großes Problem, weil dadurch ein hoher Sozialdruck entsteht. So wird die Erwartung suggeriert, dass man auch außerhalb der normalen Arbeitszeiten aufgrund der Erreichbarkeit Arbeit leisten kann. Wenn man sich freiwillig für diese Arbeitsleistung außerhalb der Arbeitszeit entscheidet, etwa weil es Spaß macht oder sie selber was davon haben, ist das kein Problem. Wenn aber damit eine Erwartung verknüpft ist und man diese aber eigentlich nicht erfüllen möchte, weil es einem nicht guttut, dann ist es ein großes Problem.