Die Chancen der Digitalisierung für die Medizin nutzen – unter diesem Motto fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) jetzt das Projekt „SMITH“ der Universitäten und Universitätsklinika Leipzig, Jena und Aachen.
Patienten erleben nicht selten eine wahre Odyssee von Arztbesuchen, bis sie die richtige Diagnose und eine optimale Therapie erhalten. Die Gründe hierfür: Häufig fehlen dem behandelnden Arzt wichtige Patientendaten oder ihm sind zu wenige vergleichbare medizinische Fälle bekannt. Das soll sich ändern: „Unsere Vision ist, dass jede Ärztin und jeder Arzt, egal ob in Kliniken, Haus- oder Facharztpraxen, alle verfügbaren Erfahrungswerte und Forschungsergebnisse auf Knopfdruck abrufen und in seine Therapieentscheidungen einbeziehen kann. Dadurch werden die Patientinnen und Patienten zukünftig noch besser beraten und therapiert”, unterstreicht Bundesforschungsministerin Johanna Wanka.
Damit die Vision der Ministerin zur Realität wird, soll es gelingen, dass Daten aus Krankenversorgung und medizinischer Forschung besser verknüpft werden und abrufbar sind. Im Projekt SMITH (Smart Medical Information Technology for Health Care) wollen Wissenschaftler, Mediziner und IT-Spezialisten an den drei Standorten die wachsende Datenflut in der Medizin – von Röntgenbildern bis hin zu Genom-Analysen – mit einer neuen IT-Infrastruktur sammeln und für Forschung und Klinik nutzbar machen. Am Konsortium sind neben der Universität Leipzig als Konsortialführer auch das Universitätsklinikum Jena sowie das Universitätsklinikum RWTH Aachen beteiligt.
Institutionen- und standortübergreifende Nutzung geplant
„Die drei universitätsmedizinischen Standorte des Konsortium, Leipzig, Jena und Aachen bündeln medizininformatische, klinische, systemmedizinische, computerlinguistische und epidemiologische Kompetenzen. In Kooperation mit externen Partnern etabliert SMITH Datenintegrationszentren an den drei Universitätsklinika. Hierbei setzten die Standorte auf technische Standards der Interoperabilität und der zentralen Verankerung in der IT der Regelversorgung. Die Zentren ermöglichen eine institutionen- und standortübergreifende Nutzung elektronischer Gesundheitsdaten aus der Krankenversorgung und der patientenorientierten Forschung“, erläutert hierzu Projektleiter Professor Dr. Markus Löffler vom Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie der Medizinischen Fakultät Leipzig.
Drei SMITH-Anwendungsfälle
SMITH will den Mehrwert einer vernetzen Datennutzung an drei Anwendungsfällen demonstrieren: So entwickelt das Projekt-Konsortium neuartige, datenanalytische Methoden und Werkzeuge, die aus elektronischen Patientenakten automatisiert medizinische Informationen gewinnen. Diese Informationen sollen helfen, Versorgungsabläufe zu erforschen und zu verbessern. Dies will SMITH durch zwei klinische Anwendungsfälle belegen: Auf Intensivstationen sollen Patienten-Management-Systeme kontinuierlich ausgewertet werden, um den Zustand der Patienten automatisiert zu überwachen. Dadurch wird ein schnelleres therapeutisches Eingreifen möglich. In einem weiteren Anwendungsfall unterstützt ein computerbasiertes Entscheidungshilfesystem Ärzte beim leitliniengerechten Einsatz von Antibiotika. Dies soll die frühzeitige und gezielte Bekämpfung bakterieller Infektionen verbessern und das Auftreten von Antibiotikaresistenzen reduzieren.
Enge Industrie-Kooperation
Das Konsortium sieht enge Kooperationen mit Industriepartnern vor, darunter die Unternehmen Bayer AG, SAP SE und der Freiburger Spezialist für Text-Mining und Machine-Learning Averbis. Über einen gesicherten Datenraum, den „Marketplace“, werden die Vernetzungspartner die Ergebnisse von SMITH nutzen können. Zudem ist die Einrichtung neuer Studiengänge und Professuren im Bereich der Medizininformatik und verwandter Disziplinen geplant.
Das umfangreiche Vorhaben lässt sich der Staat etwas kosten: Ab Januar 2018 wird das Verbundprojekt für vier Jahre durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Insgesamt werden für die einschließlich SMITH vier geförderten Konsortien durch das BMBF 120 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Auf SMITH entfällt dabei der Löwenanteil: Drei weitere Konsortien erhalten jeweils zehn Millionen Euro für ihre Forschungsarbeit.
Bundesforschungsministerin Johanna Wanka: „Erfahrungswerte und Forschungsergebnisse auf Knopfdruck“ (Foto: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung)