Im Rahmen der Digitalisierung kommen in deutschen Krankenhäusern immer häufiger intelligente Systeme zum Einsatz. Das hilft Patientinnen und Patienten und schont finanzielle sowie lebensrettende Ressourcen. So lassen sich mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) zum Beispiel Operationen so optimieren, dass der Einsatz von Blutplasma und -Konserven minimiert werden kann.
Zu diesen Ergebnissen kommt das Beratungsunternehmen PwC in einem aktuellen Whitepaper. In dem Paper werden die Potenziale von KI für den Krankenhaussektor beleuchtet. Darüber hinaus skizzieren die Experten die größten Herausforderungen, die mit der Implementierung von KI einhergehen – und wie Kliniken sie in den Griff bekommen können. „Durch smarte Technologien können Arbeitsabläufe in Krankenhäusern und Kliniken – wie auch in Arztpraxen und bei Krankenkassen – effizienter gestaltet werden, sodass mehr Zeit für Kernaufgaben bleibt“, sagt Michael Burkhart, Leiter des Bereichs Gesundheitswesen bei PwC Deutschland. Künstliche Intelligenz (KI) sei dabei eine Schlüsseltechnologie bei der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens. Sie ermögliche es, große Datenmengen schnell zu analysieren. „Daraus lassen sich Zusammenhänge ableiten, die dazu beitragen, die Versorgungspraxis zu verbessern und das medizinische Personal zu entlasten“, betont Burkhart.
Hohes Einsparpotenzial
Bereits 2017 kam PwC in einer Studie zu dem Ergebnis, dass sich durch den großflächigen Einsatz von KI in Europa die Gesundheits- und Folgekosten für Demenz, Brustkrebs und kindliche Adipositas innerhalb von zehn Jahren um fast 180 Milliarden Euro senken ließen. Dabei ergeben sich PwC zufolge Vorteile für alle Beteiligten durch den Einsatz von KI. Die Versorgungsqualität für Patientinnen und Patienten verbessert sich, denn KI kann das medizinische Personal bei der Diagnostik, der Überwachung des Behandlungserfolgs oder der Auswertung von Laborergebnissen unterstützen.
Ärzte und Pflegekräfte gewinnen durch KI-gestützte Dokumentation, digitalisierte Spracheingabe und verbesserte Workflows Zeit, die ebenfalls der Behandlung zugutekommt. KI trägt zudem zu einer optimierten Entscheidungsfindung bei: Durch intelligente Systeme lassen sich große Datenmengen analysieren, die einen umfassenden Blick auf die Patienten ermöglichen. So lassen sich präzisere Behandlungen und Medikationen ableiten.
Auch für das Krankenhausmanagement hat der KI-Einsatz Vorteile, da sich die Ressourcen besser steuern lassen. Vorhersagen auf der Basis von KI zu Patientenaufkommen oder Liegedauer sorgen hier nach Einschätzung der Berater für eine optimale Auslastung.
Förderanträge noch 2021 einreichen
„Das Potenzial von Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen ist riesig. Doch bei der Integration von KI-Anwendungen in den medizinischen Alltag sind viele Führungskräfte zögerlich“, so Burkhart. So setzten laut winwe PwC-Studie aus dem Jahr 2019 erst 30 Prozent auf KI-Lösungen. Mit Blick auf das im Oktober 2020 im Bundesrat gebilligte Krankenhaus-Zukunftsgesetz, das Digitalisierungs- und Transformationsprojekte in Klinken fördern soll, ist schnelles Handeln gefragt: Förderanträge müssen noch im Jahr 2021 gestellt und die bewilligten Projekte bis 2024 umgesetzt sein.
Das sind die größten Hürden für den KI-Einsatz
Doch aus welchen Gründen sind Unternehmen der Gesundheitswirtschaft bislang noch so zurückhaltend, wenn es um KI-Anwendungen geht? Laut PwC fehlt es vielen Krankenhäusern an einer ganzheitlichen Digitalisierungsstrategie mit konkreten Zielen, Projektschritten und einer Erfolgsmessung. Zudem lasse die Datenqualität oft noch zu wünschen übrig. „In Krankenhäusern entsteht jeden Tag eine Fülle von Daten, die sich nur mit KI nutzenstiftend auswerten lassen. Dafür müssen die Daten jedoch qualitativ hochwertig, leicht verfügbar und nutzbar für KI-Anwendungen sein. Das ist oftmals nicht der Fall“, sagt Hendrik Reese, PwC-Experte für Künstliche Intelligenz.
Zudem fehle in einem Großteil der deutschen Krankenhäuser die Fachkompetenz für KI. Schwer falle den Häusern auch die Auswahl eines geeigneten Anbieters von intelligenten Systemen. Eine große Hürde liege nicht zuletzt in der IT-Landschaft der Krankenhäuser selbst: „Diese ist häufig historisch gewachsen. Das erschwert die Integration neuer Technologien“, so Jörg Asma, PwC-Experte für Cyber-Sicherheit.
Fehlende Akzeptanz durch Mitarbeitende
Oft stehe auch die fehlende Akzeptanz der Belegschaft einem erfolgreichen Einsatz von KI im Weg. „KI lässt sich nur dann erfolgreich einsetzen, wenn die Belegschaft hinter der Technologie steht. Daher ist es wichtig, die Akzeptanz zu fördern, indem die Mitarbeitenden frühzeitig in den Transformationsprozess eingebunden werden“, so KI-Experte Hendrik Reese.
Dazu kommen die komplexen ethischen und regulatorischen Rahmenbedingungen für den KI-Einsatz. Jörg Asma beobachtet auch mangelndes Vertrauen in die Sicherheit: „Krankenhäuser arbeiten mit sensiblen Daten. Sie müssen das Vertrauen der Patientinnen und Patienten deshalb durch ein hohes Maß an Informationssicherheit stärken. Bei der Planung von KI-Anwendungen müssen Compliance-Themen von Anfang an mitgedacht werden“, so der Cyber-Experte. Darüber hinaus erschweren Fragen der Finanzierung den KI-Einsatz im Krankenhaus: Für viele Häuser sei es schwer zu berechnen, welches Einsparpotenzial KI genau biete.
Herausforderungen im Gesundheitssektor mit KI meistern
„Von den ersten Überlegungen bis zum reibungslosen Einsatz von KI im Versorgungsalltag ist es ein langer Weg. Damit diese Transformation gelingt, braucht es eine strategische Roadmap“, ist Reese überzeugt. Der KI-Experte räumt ein, dass die Technologie aber durchaus auch Gefahren birgt. Eine Risikoanalyse helfe dabei, Gefahrenquellen zu identifizieren, Eintrittswahrscheinlichkeiten zu ermitteln und verschiedene Szenarien durchzuspielen.
Nach Einschätzung von Burkhart überwiegen jedoch die Vorteile: „KI kann dazu beitragen, eine hohe Versorgungsqualität zu gewährleisten und die steigenden Gesundheitsausgaben zu begrenzen.“ Insofern sei sie eine passende Antwort auf die großen Herausforderungen des Gesundheitswesens: den Fachkräftemangel, die wachsende Zahl chronischer Erkrankungen und den demografischen Wandel.