Auszeichnung für intelligenten Pflege-Sensor

Ein extrem flaches und weiches Sensormodul, das in einer elastischen Pflastertasche am Rücken befestigt wird, soll pflegebedürftige Menschen unter anderem davor bewahren, sich wundzuliegen. Das Fürther Startup Moio erhält für diese Idee jetzt den Public Value Award der Unternehmensberatung Ernst & Young.

Eine pflegebedürftige Person stürzt, hat sich verirrt oder droht wundzuliegen – das sind die Situationen, vor denen sich professionelle Pflegedienste ebenso fürchten wie Angehörige, die einen Menschen pflegen. Um Probleme zu vermeiden, ist eine hohe physische Präsenz erforderlich. Das wiederum stellt für Pflegende wie Betroffene eine enorme psychische Belastung dar.

Der Pflege-Sensor „moio.care“ soll hier künftig für Entlastung sorgen. Innerhalb der nächsten anderthalb Jahre will Moio das System zur Marktreife bringen. Noch in diesem Jahr wird die Zulassung als Medizinprodukt beantragt. Für die anstehenden Entwicklungsschritte und die Vorbereitung der Markteinführung des TeleCare-Systems werden 250.000 Euro benötigt. Dafür hat die Moio GmbH nun eine Crowdfunding-Kampagne auf Aescuvest.de gestartet, die zur Finanzierung beitragen und das Produkt zudem bei künftigen Anwendern bekannt machen soll. Das System wurde aus einer Idee der Diakonie Neuendettelsau in einem Forschungsprojekt des Spitzenclusters Medical Valley EMN entwickelt.

Neuartiger Pflege-Sensor: Moio Patch und Sensor
Neuartiger Pflege-Sensor: Moio Patch und Sensor (Foto: Moio GmbH)

Das System von Moio soll Gepflegten und Pflegenden mehr Freiheit gewähren: „Das TeleCare-System informiert Pflegende, falls konkreter Handlungsbedarf besteht, sodass Pflegebedürftige und Pflegende nicht permanent und unmittelbar räumlich aneinander gebunden sind“, erläutert Moio-Geschäftsführer Jürgen Besser. Kontroll- und Routineaufgaben würden vereinfacht. Das entlaste die Pflegenden und führe zu höherem Schutz der Betroffenen.

Zahlreiche Funktionen

Bereits ab der ersten Entwicklungsstufe soll der Pflege-Sensor zahlreiche Funktionen erfüllen: Virtuelles Geofencing alarmiert die Kontaktpersonen, wenn desorientierte Menschen definierte Zonen verlassen. Die gezielte Lokalisierung ermöglicht es im Notfall, die Position eines Menschen genau zu ermitteln. Beschleunigungs- und Lagesensoren senden ein Signal bei Sturzerkennung oder wenn sturzgefährdete Personen aus dem Bett aufstehen wollen. Zudem werden Pflegende informiert, falls ein definiertes Intervall bewegungslos verstrichen ist; so wird Wundliegen verhindert (Dekubitusprophylaxe).

Patientendaten lokal gesichert

Zusätzlich kann der Sensor auswerten, wann und wieviel sich der Träger bewegt hat und das daraus ermittelte Aktivitätsprofil gibt so Aufschluss über den Kalorienbedarf. Um Fehlalarme zu vermeiden, kontrolliert das System eigenständig, ob es auch tatsächlich am Körper getragen wird. Alle Daten werden vom Modul lokal gesammelt und nur im definierten Bedarfsfall an einen Datenserver gesendet. Dieser informiert dann die Pflegenden, zum Beispiel über eine Nachricht an ein Smartphone.

Hoher Bedarf

Rund 2,6 Millionen pflegebedürftige Menschen leben in Deutschland, jährlich steigt diese Zahl hierzulande um 48.000 an. Mehr als zwei Drittel der Betroffenen werden zu Hause versorgt – die meisten von ihnen durch Angehörige. Circa 60 Prozent leiden an demenziellen Veränderungen, der Hauptursache für Pflegebedürftigkeit.

Zudem zeichnet sich ab, dass die wachsende Zahl der Pflegefälle gesamtgesellschaftlich zu Problemen führen wird: Aufgrund des stagnierenden Angebots von professionellen Pflegekräften droht in den nächsten Jahren eine gravierende Versorgungslücke. Um diese zu schließen, sind neue Formen der Arbeitsteilung zwischen allen Beteiligten – Familie, Angehörigen und Pflegefachkräften – notwendig, um Menschen effizient und nach ihren individuellen Bedürfnissen zu versorgen.