Virtuelles Wartezimmer vermeidet Stress und Ansteckungen

Wartezimmer
Gefülltes Wartezimmer in Arztpraxis: „Es geht nicht darum, Patienten in der Kälte warten zu lassen.“ (Foto: halfpoint/123rf.com)

Der Besuch einer Arztpraxis ist für viele Patienten gleichbedeutend mit einer Wartezeit, die meist deutlich länger dauert als die Behandlungszeit. Verzögerungen im geplanten Ablauf sorgen dabei für Stress im Praxisteam. Eine Optimierung der Wartezimmer-Organisation bietet daher viel Potenzial.

Gastbeitrag von Shabnam Fahimi-Weber

Viel Patientenverkehr ist ein Zeichen dafür, dass eine Praxis gut läuft. Klar ist aber auch, dass der wirtschaftliche Erfolg seine Wurzeln im Behandlungszimmer hat, nicht im Wartezimmer. Der Schlüssel ist also ein effizienter Ablauf – in anderen Worten: viel Verkehr und kurze Aufenthalte. Dafür ist ein voller Warte- und Anmeldebereich nicht nötig – eher sogar hinderlich. Denn je mehr PatientInnen sich in der Praxis aufhalten, desto mehr Unruhe bringt das in den Ablauf. Zeitdruck und Hektik kommen im Praxisalltag zwar vor, sollten sich aber nicht auf die Atmosphäre übertragen. Aus Gesprächen mit meinen PatientInnen weiß ich auch, dass der Faktor Wartezeit eine große Rolle für die Zufriedenheit mit der Behandlung spielt. Letztlich liegt eine gute Lösung für die Wartezeit nicht zuletzt in unserem eigenen Interesse als Praxisinhaberin oder Praxisinhaber. Denn Verschiebungen im Arbeitsablauf bedeuten immer eine Herausforderung für das gesamte Praxisteam. 

Dr. med. Shabnam Fahimi-Weber
mednic-Gastautorin Dr. med. Shabnam Fahimi-Weber ist HNO-Ärztin und geschäftsführende Gesellschafterin einer HNO-Praxis in Essen. 2016 gründete sie das Software-Startup dubidoc, das Prozesse in Arztpraxen und Krankenhäusern digitalisiert. (Foto: dubidoc.de/ Takuta GmbH)

Zusätzliche Relevanz erhält die Wartezimmer-Organisation im Rahmen des Infektionsschutzes. Im schlechtesten Fall sitzen viele Menschen stundenlang dicht gedrängt in einem schlecht durchlüfteten Wartebereich. Hier haben Viren ein leichtes Spiel. Zum Glück ist das nicht mehr die Norm. Leistungsstarke Luftfilter oder ein regelmäßiger Luftaustausch übers Fenster sind inzwischen Standard. Das Abstandhalten ist in den oft viel zu kleinen Wartezimmern aber nach wie vor schwierig. Die gute Nachricht lautet: Sowohl gegen Ansteckungen in der Praxis als auch gegen übermäßigen Stress für das Praxisteam gibt es wirksame digitale Gegenmittel. Was genau können Arztpraxen also tun? Die Antwort ist das virtuelle Wartezimmer.

Zu Beginn in der Praxis einchecken

Auf den ersten Blick ist das virtuelle Wartezimmer einfach eine digitale Warteschlange, die definiert, wer als nächstes an der Reihe ist. Bei genauerem Hinsehen ist das virtuelle Wartezimmer allerdings viel mehr – nämlich ein wirklich wertvoller Helfer im Praxisalltag. Um das virtuelle Wartezimmer zu nutzen, müssen PatientInnen zu Beginn in der Praxis einchecken. Ein Klick reicht und das Team an der Anmeldung hat die nächste Person schon im virtuellen Wartezimmer platziert. Nach dem Einchecken können PatientInnen sich völlig frei bewegen. Die Wartezeit kann also wie bisher im Wartezimmer verbracht werden, genauso gut allerdings auch an der frischen Luft oder bei Besorgungen in der Nähe der Praxis. Hier zeigt sich: Durch das ortsunabhängige Warten wird das Wartezimmer entlastet.

Spezielle Hardware wird dafür nicht benötigt, denn die regelmäßigen Wartezeit-Benachrichtigungen kommen einfach per Mail oder SMS auf jedes Smartphone. Durch die fortlaufende automatische Information sind PatientInnen nicht nur besser informiert, sondern es entfällt auch der manuelle Patientenaufruf durch das Praxispersonal. PatientInnen erscheinen selbstständig, bevor die Behandlung beginnen kann.

Damit das funktioniert, wird für jede Behandlungsart wird ein passender Zeitslot reserviert. Über Systeme wie dubidoc werden Termine nicht im 10- oder 15-Minuten-Takt vergeben, sondern deutlich genauer. Das heißt, dass auch eine genauere Prognose für den Zeitpunkt der Behandlung möglich ist. PatientInnen können die Wartezeit so optimal nutzen und trotzdem pünktlich zum Termin erscheinen. Gleichzeitig wird die Praxis entlastet – eine echte Win-Win-Situation. Im Kampf gegen Ansteckungen werden die Vorteile der Methode besonders klar.

Beitrag zum Infektionsschutz

Raumtrenner aus Plexiglas, Richtungspfeile auf dem Boden und natürlich die Maske – in der Hochphase der Pandemie haben Praxen große Anstrengungen unternommen, um den Praxisbetrieb trotz Ansteckungsgefahr aufrechtzuerhalten. Die Maske bleibt sicher auch in Zukunft relevant. Darüber hinaus gibt es mit dem virtuellen Wartezimmer allerdings eine Option, die Anpassungen der Räumlichkeiten obsolet machen. Denn je weniger Patienten sich zur gleichen Zeit in der Praxis aufhalten, desto geringer ist die Ansteckungsgefahr – unabhängig von Raumtrennern, Richtungspfeilen und Co. Dabei geht es nicht darum, Patienten in der Kälte warten zu lassen. Das wäre nur eine ungemütliche Verlagerung der Warteschlange. Die eigentliche Idee des virtuellen Wartezimmers besteht darin, das Warten ortsunabhängig zu machen. PatientInnen können also warten, wo sie möchten, und ihre Zeit sinnvoll nutzen.

Dem virtuellen Wartezimmer eine Chance geben

Bei der Ausgestaltung des virtuellen Wartezimmers haben Arztpraxen viel Gestaltungsspielraum. Sinnvoll ist es allerdings, das virtuelle Wartezimmer mit anderen Lösungen zu verknüpfen, um zusätzliche Insellösungen zu vermeiden. So ist das Potenzial am größten, dass Abläufe nachhaltig verbessert werden und dass das Personal dadurch im stressigen und oft hektischen Praxisalltag spürbar entlastet wird. Dabei ist das virtuelle Wartezimmer nicht nur zur Verbesserung des Arbeitsklimas geeignet, sondern auch zur Förderung der Patientenzufriedenheit. Gleichzeitig schützt es vor Ansteckungen. Grund genug, um dem virtuellen Wartezimmer eine Chance zu geben!