Telemedizin auf dem Prüfstand

In Mecklenburg-Vorpommern werden derzeit etwa 1.500 chronisch herzkranke Patienten für eine dauerhafte telemedizinische Überwachung rekrutiert. Ein Vergleich mit 1.500 konventionell betreuten Patienten soll zeigen, welche Verbesserungen die Telemedizin tatsächlich bringt.

Es ist mit 14 Millionen Euro Förderung eines der ganz großen Projekte des Innovationsfonds: In den nächsten drei Jahren sollen rund 1.500 chronisch unter Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern oder Hypertonie leidende Patienten via Smartphone, einer eigens programmierten App, Fitness-Armbändern, elektronischen Blutdruckmessgeräten und digitalen Waagen überwacht werden – rund um die Uhr, von einem Care-Center der Uniklinik Rostock aus.

Sobald diagnostische Daten Veränderungen zeigen, kann ein Kardiologe mit dem Patienten Kontakt aufnehmen und die Medikation anpassen oder Verhaltensempfehlungen aussprechen. „Wir wollen die Patienten möglichst lange vom Krankenhaus fernhalten“, erläutert einer der beteiligten Mediziner. Ziel ist es dabei auch, durch weniger Herzbeschwerden und weniger Krankenhausaufenthalte Kosten zu sparen. Der Vergleich mit einer traditionell versorgten Kontrollgruppe von 1.500 Patienten soll zweifelsfrei belegen, ob die Telemedizin hält, was man sich davon verspricht.

Schwierige Betreuung auf dem Land

Das Projekt geht ein schwerwiegendes Problem an: die zum Teil schlechte fachärztliche Versorgung im ländlichen Raum. Die Bevölkerungsdichte in Mecklenburg-Vorpommern liegt nicht einmal bei zwei Prozent verglichen mit der Bevölkerungsdichte in der Bundeshauptstadt Berlin. Ebenfalls problematisch: In dem Flächenland mit einer Ausdehnung von 250 Kilometern von Ost nach West gibt es nur zwei Herzzentren. Es geht also auch um die Frage: Wie kann man die kontinuierliche Versorgung mit Spitzenmedizin sicherstellen, wenn der Patient ein oder zwei Autostunden entfernt wohnt?

„Gerade bei der Entwicklung von Versorgungsprogrammen für den ländlichen Raum setzen wir ganz stark auf die Vernetzung aller Beteiligten über die Sektorengrenzen hinweg“, sagt die an dem Projekt beteiligte AOK Nordost. Und Peter Vullinghs, Chef von Philips Deutschland, dem Unternehmen, das die Technik liefert, ergänzt, das Modell lasse „sich auf weitere Krankheitsbilder und Bundesländer übertragen“.

Kongress thematisiert Versorgung

Das Thema „Bedingungen für innovative neue Versorgungswege und –formen“ diskutieren auf dem diesjährigen Hauptstadtkongress: Prof. Dr. Christian Schmidt, Ärztlicher Vorstand und Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Rostock, Lars F. Lindemann, Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbandes Fachärzte Deutschlands, Oliver Schenk, Leiter der Abteilung Grundsatzfragen der Gesundheitspolitik und Telematik des Bundesgesundheitsministeriums, Peter Vullinghs, Vorsitzender der Geschäftsführung der Philips GmbH, und Kay Wilke-Schultz, Leiter der Unternehmenseinheit Versorgungsmanagement der AOK Nordost.

Der Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit gilt mit mehr als 8.000 Entscheidern aus Gesundheitswirtschaft und Politik als eine jährliche Leitveranstaltung der Branche. Der 20. Hauptstadtkongress findet vom 20. bis 22. Juni 2017 im City Cube Berlin statt.