Schritte zur MDR-Umsetzung angemahnt

Einsatz von Medizintechnik in OP
Deutsche Medizintechnik: „Zu viele Medizintechnikunternehmen stehen unverschuldet vor nicht tragbaren Herausforderungen“ (Foto: Draeger)

Die baden-württembergische Landesregierung hat an Berlin und Brüssel appelliert, bei der Umsetzung der EU-MDR dringend erforderliche Weichenstellungen vorzunehmen. Der Medizintechnik-Verband Spectaris begrüßt das.

Als „wichtigen Schritt“ und „deutliches Signal, jetzt zu handeln“ werten der Industrieverband Spectaris und das in Tuttlingen ansässige Medizintechnik-Cluster Medical Mountains GmbH den Appell der baden-württembergischen Landesregierung, bei der Umsetzung der EU-MDR dringend erforderliche Weichenstellungen vorzunehmen. Beide Branchenorganisationen waren im Vorfeld bei der Experten-Anhörung der Landesregierung dabei und sehen viele ihrer Anliegen aufgegriffen. 

Offene Auslegungsfragen der Verordnung

Gemeinsam wandten sich Ministerpräsident Winfrid Kretschmann, Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und Sozialminister Manne Lucha an die deutsche Bundesregierung und die EU-Kommission, um Entlastungen für Medizintechnik-Hersteller zu erreichen. An der EU-MDR an sich werde festgehalten, betonen die Unterzeichner. Dort aber, „wo einige Anforderungen von den Unternehmen unverschuldet in der vorgegebenen Zeit faktisch nicht erfüllt werden können oder zu nicht mehr tragbaren Belastungen der finanziellen und personellen Ressourcen der Unternehmen führen“, setze man sich für Erleichterungen und Unterstützung ein. Genannt werden unter anderem die fehlende Funktionalität der EUDAMED-Datenbank, der Zertifizierungsstau durch zu wenige Benannte Stellen unter EU-MDR, offene Auslegungsfragen der Verordnung und der Umgang mit Bestandsprodukten.

Die Medical Mountains GmbH und der Spectaris-Verband waren im Rahmen der Experten-Anhörung mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann eingebunden worden. „Zum einen war und ist es uns wichtig, die aktuelle Situation der Branche mit Beispielen darzustellen“, sagt Medical Mountains-Geschäftsführerin Julia Steckeler, „und zum anderen, nicht nur Probleme, sondern realistische und pragmatische Lösungsansätze aufzuzeigen.“ Einige dieser Punkte waren bereits im September 2020 vorgebracht worden, als Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Medical Mountains besuchte und sich mit den Branchenanliegen auseinandergesetzt hatte.

Medizintechnik-Land Nummer eins

„Baden-Württemberg ist das Medizintechnik-Land Nummer eins“, unterstreicht Julia Steckeler. Daher falle dem Bundesland eine Führungsrolle zu, auf die Mängel im MDR-System hinzuweisen und eine Verbesserung zu bewirken – ein deutliches Signal an die Verantwortlichen in Berlin und Brüssel, jetzt zu handeln. „Zu viele Medizintechnikunternehmen stehen unverschuldet vor nicht tragbaren Herausforderungen“, betont auch Corinna Mutter, Leiterin Regulatory Affairs und EU-Angelegenheiten bei Spectaris. „Das Papier der Landesregierung enthält viele gute Handlungsempfehlungen, wie Entlastung im System geschaffen und Unterstützung gegeben werden kann.“ 

Ohne solche Maßnahmen werde nicht nur die Industrie ökonomisch hart getroffen, sondern vor allem die Versorgungsicherheit der Patienten gefährdet. Diese Botschaft müsse in der Gesellschaft ankommen. „Wir werden die weiteren Schritte der Landesregierung verfolgen und uns selbstverständlich in Gesprächen weiterhin für eine praxistaugliche funktionierende EU-MDR einsetzen“, erklärten Julia Steckeler und Corinna Mutter gemeinsam.