Eine neue Krankheit ist da: Sind Beschäftigte durch die ständige Teilnahme an Videokonferenzen stark erschöpft, spricht man von “Zoom-Fatigue”. Das Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG) hat sich des Themas angenommen.
Seit Beginn der Corona-Pandemie sind Präsenzveranstaltungen im Berufsleben die Ausnahme und Videokonferenzen das Mittel der Wahl. Doch das ständige Starren auf den Bildschirm, kombiniert mit Bewegungsmangel und dem Gefühl, beobachtet zu werden, fordern ihren Tribut. Konzentrationsstörungen, Ungeduld und erhöhte Reizbarkeit können die Folge sein.
Fühlen sich Mitarbeitende durch häufige Videokmeetings beansprucht, müde und erschöpft, spricht man von Zoom-Fatigue. Der Begriff leitet sich ab von der bekannten Software für Videokonferenzen und dem französischen Wort für Müdigkeit und Erschöpfung („Fatigue“). Eine neue Praxishilfe des Instituts für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG) zeigt auf, was Führungskräfte und Beschäftigte dagegen tun können.
Stressfaktor Bewegungseinschränkung
“Videokonferenzen sind für viele Menschen anstrengender als persönliche Meetings”, sagt Dr. Christina Heitmann, Referentin im Bereich Arbeitsgestaltung – Demografie am IAG. In verschiedenen Studien, die in der Praxishilfe vorgestellt werden, wurden die Gründe dafür untersucht. Größter Stressfaktor sei demnach die Bewegungseinschränkung. Um nicht aus dem Kamerafokus zu rutschen, müssten Beschäftigte zuweilen stundenlang in einer Position verharren. „Außerdem wird man nicht nur ständig beobachtet, sondern sieht sich auch noch permanent selbst auf dem Bildschirm.“
Weitere Belastungsfaktoren: Es fehlt der Smalltalk in den oft durchgetakteten Meetings, die nonverbalen Hinweisreize der anderen sind nicht immer leicht zu entschlüsseln und es kann zu – oft ungewollten – Einblicken in die eigene Privatsphäre kommen. Wenn dann auch noch die Technik streikt, ist die Erschöpfung vorprogrammiert.
Sinnvolle Maßnahmen
Schon einfache und schnell umsetzbare Maßnahmen können helfen, der Zoom-Fatigue vorzubeugen. „Ideal sind möglichst kurz gehaltene Online-Meetings mit guter Moderation, klarer Tagesordnung sowie ausreichend Pausen zwischen den Meetings und auch währenddessen“, empfiehlt Heitmann.
Damit Videokonferenzen nicht zur Erschöpfung führen, sind Selbstregulation und -fürsorge wichtig. Pausen beispielweise sollten sinnvoll und zur Erholung genutzt werden. „Das bedeutet, lieber ein paar Lockerungsübungen zu machen statt Privates auf dem Handy zu erledigen“, so Heitmann. „Vor allem im Homeoffice sind Beschäftigte gefordert, selbst auf gesunde Arbeitsbedingungen zu achten. Sie müssen diese aber auch vom Unternehmen einfordern. Hier sind speziell die Führungskräfte in der Pflicht, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden im Blick zu behalten.“
Teilnehmerkreis reduzieren
Effiziente Meetings beginnen bereits mit der Vorbereitung. Wird vorab geprüft, ob eine Teilnahme an einem Online-Meeting wirklich nötig ist, kann nicht nur die Anzahl eigener Videokonferenzen verringert werden. Auch die Belastung der Verbleibenden wird durch den kleineren Kreis der Teilnehmenden reduziert. Vor dem Start sollte schließlich sichergestellt werden, dass Hard- und Software reibungslos funktionieren. Wer durch den eigenen Anblick in Meetings abgelenkt ist, kann zu Beginn klären, ob und in welchen Situationen die Kamera ausgeschaltet werden kann.
Die Praxishilfe des IAG gibt einen Überblick über Ursachen, Symptome und Maßnahmen gegen Zoom-Fatigue und kann hier (externer Link/PDF-Download) heruntergeladen werden. Ergänzend dazu hat das IAG den „Check-Up Zoom-Fatigue” entwickelt. Der Fragebogen hilft Führungskräften und Beschäftigten bei der Einschätzung, wie hoch das eigene Risiko für die Online-Müdigkeit ist.