Das Bundesgesundheitsministerium will die Notfallversorgung effizienter machen. Die Planungsentwürfe hierfür werden von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) jedoch kritisiert.
Der Gesetzesvorschlag aus dem Hause Spahn sieht drei Dinge vor: Die Einführung eines gemeinsamen Notfallleitsystems und Integrierter Notfallzentren (INZ) vor. Außerdem soll der Rettungsdienst als eigenständiger Leistungsbereich im System der Gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt werden.
Grundsätzlich begrüßt die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) den Reformwillen von Bundesgesundheitsminister Spahn: „Es ist Zeit, etwas zu ändern, und es gibt gute Gründe dafür“, sagt Professor Dr. Rolf Rossaint, der als Präsident der Anästhesie-Fachgesellschaft zehntausende Notfallmediziner in Deutschland vertritt. Allerdings fordert Rossaint Nachbesserungen in dem Referentenentwurf, der Anfang des Monats vorgelegt wurde.
Aus Sicht der DGAI ist eine Trennung von ambulanter und stationärer Notfallversorgung am Krankenhaus, wie es die Sektorentrennung und auch die Inhalte des Referentenentwurfs vorsehen, medizinisch nicht sinnvoll: „Ziel muss es sein, die Sektorengrenzen zu lösen und die Bereiche im Sinne der Patientenversorgung zusammenarbeiten zu lassen“, sagt Rossaint. Nur das sei ressourcenschonend und zukunftsfähig.
Sektorenübergreifende Notfallversorgung
Rossaint kritisiert vor allem den Vorschlag, dass die Integrierten Notfallzentren unter der Leitung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) organisiert werden sollen: „Das kann nur mit Hilfe eines erfahrenen klinischen Notfallmediziners gehen. Alles andere ist gefährlich!“, erklärt Rossaint für die DGAI.
Der Vorschlag zu einem INZ, in dem Krankenhausärzte und niedergelassene Ärzte die Notfallversorgung gemeinsam übernehmen, sei eine gute Möglichkeit, dem sektorenübergreifenden Charakter der Notfallversorgung Rechnung zu tragen. Es müsse sichergestellt werden, dass die aktuell bestehende Sektorentrennung innerhalb eines INZ abgeschafft wird. Das bedeutet, dass klare Organisationsstrukturen aufgebaut und eingehalten werden, sektorenübergreifend, nur nach fachlichen Gesichtspunkten strukturiert und patientenzentriert.
Personalmangel außer Acht gelassen
In dem Referentenentwurf bleibe auch unklar, ob die INZ ganztägig oder zeitlich eingeschränkt zur Verfügung stehen sollen: „Beide Lösungen bedürfen personeller Ressourcen“, verdeutlicht Rossaint. Die aktuellen Entwicklungen und Prognosen für den Arbeitsmarkt mit einem erheblichen Personalmangel im Gesundheitswesen lasse der Entwurf dabei außer Acht.
Die Notfallmediziner aus der Anästhesiologie begrüßen grundsätzlich, dass der Rettungsdienst als eigenständiger Leistungsbereich in das Sozialgesetzbuch V aufgenommen wird. Allerdings lehnen sie es ab, dass damit auch künftige neue Methoden und Innovationen in der Notfallmedizin durch durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beurteilt und genehmigt werden müssen. Der G-BA ist unter anderem zuständig für Richtlinien, welche medizinischen Leistungen die Krankenversicherten beanspruchen können: „Wir befürchten, dass Genehmigungen neuer Therapien in Zukunft nicht mehr so zügig und reibungslos erteilt werden, wie bisher“, erläutert Rossaint.
Mehr Effizienz, aber auch mehr Qualität gefordert
Zudem solle die im Gesetzentwurf beschriebene „hochspezialisierte medizinische Notfallversorgung“ durch ärztliches Personal mit Unterstützung eines besonders qualifizierten nicht-ärztlichen Personals erbracht werden. DGAI-Präsident Rossaint fordert: „Wir müssen durch das neue Notfallversorgungsgesetz im System mehr Effizienz, mehr Leistung sowie mehr Qualität erreichen und die Versorgung bundesweit einheitlich gestalten können.“