Als erstes Krankenhaus deutschlandweit hat das Universitätsklinikum Frankfurt die Weichen für die tiefe Integration eines Ende-zu-Ende-verschlüsselten Messengers gestellt. Er funktioniert ähnlich wie gängige Messenger-Dienste.
Derzeit laufen die finalen operativen Vorbereitungen am Uniklinikum Frankfurt, um eine App in die IT-Struktur des Universitätsklinikums zu integrieren. Sie soll den Informationsaustausch und die simultane, automatische Dokumentation in Form eines gesicherten Chat-Programms erlauben. Leistungserbringer und Patientinnen und Patienten sollen von dem digitalen Kommunikations- und Dokumentationssystem profitieren, das den Fokus auf Benutzerfreundlichkeit, Datenschutz, Effektivität und Vernetzungsmöglichkeit legt.
Das Projekt ist aus einer Initiative des kürzlich gegründeten University Center for Digital Healthcare (UCDHC) am Universitätsklinikum Frankfurt hervorgegangen. Das Zentrum fördert digitale Strategien und Projekte, um die Patientenversorgung zukunftsfähiger aufzustellen. Die Software für den Messenger wurde von dem Berliner Unternehmen Famedly entwickelt.
Auch das Unternehmen Philips ist involviert. Es bildet mit einer Interoperabilitätsplattform den Brückenkopf zwischen den internen und externen Systemen. Das Unternehmen hat 2019 eine Entwicklungspartnerschaft mit dem Universitätsklinikum geschlossen, um gemeinsam eine herstellerneutrale IT-Systemlandschaft aufzubauen und zu etablieren, in der sich zukünftig weitere Anwendungssysteme anbinden lassen. Die Einführung des Messengers und die damit verbundene Integration eines Ende-zu-Ende-verschlüsselten Messenger-Dienstes in die IT-Systemlandschaft wird erstmals an einem deutschen Universitätsklinikum umgesetzt.
Messenger als umfassende Plattform
Die Software-Lösung von Famedly ermöglicht es, chat-basierte Prozesse innerhalb von und zwischen multiprofessionellen Behandlungsteams einfach und sicher zu gestalten. Relevante Daten lassen sich unmittelbar in die Patientendokumentation überführen. Der Messenger ist eine umfassende Plattform. Sie versteht sich sowohl als klassischer Messenger mit Chats, Audio- und Videotelefonie als auch als sicherer digitaler Übertragungsweg und Ergänzung zur elektronischen Patientenakte. Nur behandlungsrelevante Daten fließen in die Dokumentation ein. Der berufliche Alltags-Chat verbleibt zwischen den Chat-Partnern.
„Am Universitätsklinikum Frankfurt wollen wir die automatische Archivierung von Chat-Verläufen in unser Dokumenten-Management umsetzen, um eine zeitaufwändige Doppeldokumentation zu vermeiden“, sagt Prof. Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender am Universitätsklinikum Frankfurt. „Dank einer speziellen Prozesslogik erhalten alle an der Behandlung beteiligten Personen die patientenrelevanten Informationen in Echtzeit“. Durch die gleichzeitige Überführung dieser Daten in die Patientenakte entfalle eine aufwendige Nachdokumentation. Ein sogenanntes Rollen- und Rechtemanagement sorgt dafür, dass die jeweiligen Nutzer beim Einloggen in ihrer entsprechenden Funktion erkannt werden und sich so in Chat-Gruppen bewegen. Beim Ausloggen nach Dienstende ordnet die App die Rolle des Anschlussdienstes im Behandlungsteam zu und verschickt keine Nachrichten mehr an die ausgeloggten Personen.
Datenschutzkonformer Messenger
Der Chat-Raum bietet die höchste Sicherheitsstufe. Alle Nachrichten sind Ende-zu-Ende-verschlüsselt und bedienen sich der Matrix-Technologie. Bei diesem vollständig dezentralen Open-Source-Kommunikationsprotokoll kann jede Organisation einen eigenen Server betreiben und auf diese Weise die Datenhoheit im eigenen Haus behalten. „Alle sensiblen Daten, mit denen wir am Universitätsklinikum Frankfurt operieren, bleiben innerhalb der eigenen Infrastruktur und werden von uns selbst kontrolliert“, sagt Dr. Michael von Wagner, Leiter der Stabsstelle Medizinische Informationssysteme und Digitalisierung. Die deutsche Bundeswehr sowie Verwaltung und Ministerien in Frankreich nutzen bereits das Matrix-Protokoll für ihre Kommunikation. Der Messenger-Dienst kann mit allen gängigen Endgeräten als App und mit allen Betriebssystemen und Browsern betrieben werden.
Intersektorale Vernetzung
Wenn das Projekt erfolgreich verläuft, will das Universitätsklinikum Frankfurt den Messenger-Dienst in weiteren medizinischen Bereichen nutzen. In intensiver Zusammenarbeit mit Famedly hat das Universitätsklinikum wichtige Basisarbeit in der digitalen klinischen Entwicklung geleistet. Eine Erweiterung auf andere Klinika ist dank des dezentralen Ansatzes und neuester Interoperabilitätsstandards (HL7/FHIR) der Famedly-Software möglich. Über die Schnittstellen der Kommunikationsplattform lassen sich verschiedene Kooperationspartner aus internen und externen Sektoren einbinden. Dabei kann es sich um Arztpraxen, Gesundheitsämter und Krankenversicherungen handeln, aber insbesondere auch um Patienten und deren Angehörige.