Medizinische Wearables: Großes Potenzial – hohe Anforderungen

Smartwatch
Smartwatch: „Enormes Potenzial für Entwickler und Hersteller“ (Foto: Bittium)

Der weltweite Markt für so genannte „Wearable Medical Devices“ soll im Jahr 2025 rund 24,38 Milliarden US-Dollar erreichen. Wer für medizinische Anwendungen zugelassene Wearables produzieren will, sollte aber die spezifischen Herausforderungen kennen.

Wer in Großstädten regelmäßig öffentliche Verkehrsmittel nutzt, kennt den Anblick: Schätzungsweise jeder zweite Fahrgast trägt kleine, vorzugsweise weiße Knöpfe in den Ohren, mit deren Hilfe wahlweise Musik gehört oder telefoniert wird. Keine Frage: Der Markt für Wearables-Technologie boomt. 

Das bestätigen auch Marktanalysten. Der weltweite Marktwert wird demnach 2021 auf 116,2 Milliarden US-Dollar geschätzt, und Marktprognosen sehen bis 2026 ein zusätzliches Wachstum bis auf 265,4 Milliarden US-Dollar. Der Trend hin zu kleinen, unauffälligen Geräten erreicht immer mehr Anwendungsbereiche. 

Einfluss auf Gesundheitsmarkt wächst

Mit dem technologischen Fortschritt in Bereichen wie KI-unterstützte Softwarefunktionen, Sensorentwicklung, fortschrittliche Batterie-, Funk- und Antennentechnologien besitzen Wearables jetzt das Potenzial, großen Einfluss auf den Gesundheitsmarkt zu gewinnen. Der weltweite Markt für Wearable Medical Devices wird im Jahr 2025 voraussichtlich 24,38 Milliarden US-Dollar erreichen – das birgt enormes Potenzial für Entwickler und Hersteller. 

Anssi Saarela
Anssi Saarela: “Hohe Standards und Vorschriften für Material- sowie Sicherheits- und Datenschutzanforderungen” (Foto: Bittium)

Anssi Saarela, Senior Manager für Produkt- und Servicebereiche von Connectivity Solutions bei dem finnischen Spezialisten Bittium, verdeutlicht nachfolgend seine Sicht zum Marktpotenzial und den technologischen Anforderungen im Bereich „Wearable Medical Devices“.

Evolution der Gesundheitsdienstleistungen

Im Gesundheitswesen eröffnen Wearables ganz neue Möglichkeiten. Die Fortschritte im Bereich der medizinischen Wearables haben das Potenzial, die Behandlung und Diagnose von Krankheiten zu revolutionieren. Sie ermöglichen eine Echtzeitüberwachung und das Sammeln wichtiger Daten, die mithilfe von KI-gestützten Funktionen in der Cloud weiterbearbeitet werden können.

Erkenntnisse und Analysen für Ärzte

Solche Funktionen können Leben retten. Die Geräte stellen Erkenntnisse und Analysen für Ärzte sowie für Patienten bereit. Die mithilfe der Wearables gewonnenen Daten werden Gesundheits-, Pharma- und Life-Science-Unternehmen dabei helfen, bessere Algorithmen zu entwickeln und sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Beispiele für solche Wearables sind Sensoren zur Überwachung von Blutgerinnung und weiteren Blutwerten, Geräte zur Asthma- und Lungenüberwachung, Glukose-Tracker, Geräte, die Bewegungsstörungen mindern oder zur Vorbeugung von Gehirnerschütterungen beitragen und vieles mehr.

In den letzten Jahren wurden erhebliche Investitionen in den Bereich der Telemedizin getätigt – drei Milliarden US-Dollar in diesem Jahr und voraussichtlich 25 Milliarden US-Dollar bis 2025. Gesundheitsminister und Experten berichten, dass die globale Covid-19-Pandemie zwar die Notwendigkeit einer Gesundheitsüberwachung und -unterstützung aus der Ferne noch sichtbarer gemacht hat. Analysten stimmen jedoch darin überein, dass die Popularität der virtuellen Versorgung auch nach der Pandemie anhalten wird. Daher ist der Bedarf an medizinischen Geräten zur Unterstützung dieser Nachfrage hoch. 

Compliance-Vorschriften und Patienten-Komfort

Einerseits müssen diese Geräte äußerst zuverlässig und präzise sein, um die Compliance-Vorschriften und Zertifizierungsanforderungen für Medizinprodukte zu erfüllen. Auf der anderen Seite müssen sie für Patienten oder Endverbraucher bequem zu tragen und einfach zu bedienen sein, ähnlich wie sie es von Consumer-Geräten und Wearables gewohnt sind.

Herausforderungen bei der Entwicklung

Aufgrund des hohen Marktpotenzials prüfen viele Anbieter – sowohl aus dem Consumer Elektronics Markt als auch aus dem klassischen Medizingerätemarkt – ihre Optionen für den Markteintritt im Bereich medizinischer IoT-Geräte und Wearables.

Um den Sprung von der Herstellung von Konsum-Elektronik ins Medizintechniksegment zu machen, müssen Entwickler und Hersteller von Wearables ihr Fachwissen während des gesamten Entwicklungsprozesses – angefangen bei den frühen Produktanforderungen und der Produktkonzeption bis hin zur endgültigen Verifizierung und Dokumentation des fertigen Geräts – an die Branchenanforderungen anpassen. Sie müssen dazu die hohen Standards und Vorschriften für Material- sowie Sicherheits- und Datenschutzanforderungen in der Medizintechnik berücksichtigen.

Hersteller von klassischen Medizingeräten, die in der Welt der Wearables Fuß fassen möchten, verfügen hingegen im Allgemeinen über bewährte Prozesse zur Sicherung von Materialanforderungen, Qualität, Integrität und Privatsphäre, stehen jedoch vor einer Reihe neuer Herausforderungen in Bezug auf Funktechnologien und Antennen, neuen Sicherheits- und Energieanforderungen sowie bezüglich der Benutzerfreundlichkeit für die kleinen, batteriebetriebenen Geräte.

Was die Entwicklung medizintechnischer Wearables umfasst

Sensor-Integration

Die Integration von häufig sogar mehreren Sensoren in ein sehr kompaktes tragbares Gerät erfordert spezielles Fachwissen und Erfahrung.

Antennendesign 

Die Platzierung medizinischer Geräte und ihrer internen Antennen sehr nah am Körper birgt spezifische Herausforderungen an die Leistung und Optimierung jeder Antenne. Die Antenneneffizienz wird stark durch den menschlichen Körper beeinflusst, der Funkwellen dämpft. Eine Antenne in einem Wearable sollte jedoch auch die Grenzwerte für die spezifische Absorptionsrate (SAR) erfüllen. Entscheidend ist daher das richtige Know-how für alle relevanten Aspekte, um ein optimiertes Antennendesign zu erzielen, das sowohl die Antenneneffizienz als auch die SAR-Grenzen erfüllt.

Funktechnologien 

Kenntnisse darüber, wie eine oder mehrere der neuesten drahtlosen Funktechnologien in ein tragbares Gerät integriert werden und sicherzustellen, dass alle Funktechnologien den erforderlichen Datendurchsatz bereitstellen und sich nicht gegenseitig stören.

Sicherheit

End-to-End-abgesicherte Konnektivität verringert die potenziellen Gefahren bei der Übertragung sensibler Patientendaten vom Gerät in die Cloud.

Optimierter Stromverbrauch

Stellt sicher, dass das Gerät über die erforderliche Betriebszeit ohne Unterbrechung zuverlässig arbeiten kann

Materialauswahl

Allergikerfreundliche und widerstandsfähige Materialien mit hoher Lebensdauer auch bei ständiger Reinigung und Kontakt mit Chemikalien sowie mit HF-Transparenz für die Übertragung von Hochfrequenzsignalen.

Thermisches und mechanisches Design

Hohe mechanische Belastbarkeit sowie Einhaltung der strengen Sicherheitsstandards und Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit unter thermischen Bedingungen (z. B. IEC60601-1 Standard für Oberflächentemperatur).

Durch die Kombination des Besten aus beiden Welten – Expertise in der Entwicklung von Medizinprodukten und Consumer Wearables – kann eine neue Klasse von Geräten entstehen. Oder hat diese Entwicklung bereits begonnen?

Entwicklungs-Kompetenz ist unverzichtbar

Die Entwicklung der neuen Generation medizinischer IoT-Geräte hat bereits begonnen und das Rennen um Zertifizierungen und Markteinführungen ist eröffnet. Viele zukunftsweisende Marken haben sich für die Zusammenarbeit mit spezialisierten F&E-Partnern entschieden, um deren Know-how zu nutzen sowie die Entwicklung und Markteinführung zu beschleunigen.

Fazit: Die Entwicklung von Wearables für den medizinischen Einsatz bietet ein enormes Marktpotenzial, erfordert aber auch ein sehr breites Spektrum an Fähigkeiten und Kompetenzen. Die Zusammenarbeit mit einem R&D-Partner kann das interne Wissen eines Anbieters ergänzen und dadurch die Entwicklung und die Zeit bis zur Marktreife erheblich verkürzen. Es ist jedoch sehr wichtig, die Erfahrungen, Fähigkeiten und Ressourcen eines potenziellen Partners zu überprüfen. Dies betrifft besonders die Fähigkeit, medizinische Qualität auf Basis von ISO 13485 zertifizierten Prozessen in allen genannten Bereichen sowie für jede Phase der Produktentwicklung sicherzustellen – vom Design bis zum Roll-out für Massenmärkte.

Das finnische Unternehmen Bittium ist spezialisiert auf die Entwicklung von Kommunikations- und Konnektivitätslösungen. Im Bereich der Gesundheitstechnik bietet Bittium Lösungen zur Messung und Überwachung von Biosignalen in den Bereichen Kardiologie, Neurophysiologie, Rehabilitation, Arbeits- und Sportmedizin. Weitere Informationen: https://www.bittium.com/rd-services/wearables