Um Medikamente aus dem 3D-Drucker zu ermöglichen, haben Forschende das Konsortium PolyPrint gegründet. Gemeinsam haben sie einen neuartigen 3D-Drucker und optimierte Polymere entwickelt.
Zum Konsortium gehören die TH Köln, die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) sowie Merck KGaA und die Gen-Plus GmbH & Co. Die mit dem System verarbeiteten und neu entwickelten pharmazeutischen Polymere stammen von Merck. Sie sind für die Prozesse Hot Melt Extrusion und das Fused Deposition Modeling geeignet, die gleichermaßen Grundlage des neuen 3D-Druckverfahrens sind. Bei der Hot-Melt-Extrusion werden Kunststoffe aufgeschmolzen, mit den pharmazeutischen Wirkstoffen vermischt und zu langen Fäden (Filamente) verarbeitet. Beim Fused Deposition Modeling handelt es sich um eine 3D-Drucktechnologie, bei der die Filamente im Druckkopf ein zweites Mal aufgeschmolzen und zu Tabletten geformt werden. Anforderungen an die neuen Polymere sind unter anderem eine hohe Wasserlöslichkeit, geringe Verarbeitungstemperatur und hohe thermische Stabilität.
3D-Drucker mit zwei Druckköpfen
Forschende im Labor für Fertigungssysteme der TH Köln haben den Prototypen neuen 3D-Druckers entwickelt. Er arbeitet mit zwei Druckköpfen. Sie können Filamente mit unterschiedlichen Wirkstoffen verarbeiten und nacheinander oder im Wechsel eine Tablette drucken. Wenn das System komplett ausgebaut ist, könnten bis zu acht Druckköpfe integriert werden. Dabei entspricht das Gerät laut den Forschenen den Anforderungen der „Good Manufacturing Practice“ nach dem EU-GMP-Leitfaden für Anlagen in der pharmazeutischen Produktion. Der Druckraum ist deshalb komplett abgekapselt. Zudem lassen sich alle Komponenten, die mit Material in Berührung kommen, leicht entfernen und reinigen. Der wassergekühlte Druckkopf ist den Entwicklern zufolge auch für brüchige Filamente geeignet.
Vom Polymer zur individuellen Tablette
Den Verarbeitungsschritt vom Polymer zur Tablette haben das Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und die Firma Gen-Plus untersucht. Entscheidend dafür ist der Extruder, der Polymere und Wirkstoffe vermischt. Er wurde so konfiguriert, dass auch bei sehr geringen Dosierungen von 0,1 Prozent Wirkstoff Filamente entstehen, die vollständig homogen sind, damit jede Tablette die gleiche Menge Wirkstoff enthält. Zusätzlich haben die Partner die Druck- und Temperaturbedingungen im Druckkopf analysiert.
Individuell gedruckte Medikamente erlauben die Freisetzung der Wirkstoffe an den Körper beispielsweise über bestimmte Geometrien oder Oberflächen zu steuern. Wie das funktioniert, zeigen die Projektpartner anhand einer Tablette zur Behandlung von Parkinson mit drei Wirkstoffen. Sie wurde so gestaltet, dass die Wirkstoffe sich nacheinander aus der Tablette lösen und so in der Behandlung die optimale, aufeinander abgestimmte Wirkung zeigen.
Bessere Behandlung von Kindern
Die Forschenden hoffen, dass die neue Technologie könnte zukünftig in Apotheken oder Krankenhäusern zum Einsatz kommt. Der Umgang mit dem neuen 3D-Drucker sowie den Filamenten mit dem Polymer-Wirkstoff-Gemisch soll einfach gestaltet und schnell erlernbar sein.
Die individuell gedruckten Medikamente wären zum Beispiel in der Pädiatrie von Vorteil. Damit ließen Kleinkinder und Kinder besser behandeln, für die Medikamentendosen aufgrund des schnellen Wachstums in sehr kleinen Schritten angepasst werden müssen. Auch in der Präzisionsmedizin, die Arzneistoffe patientengenau zuschneidet, könnte das Verfahren Anwendung finden. Möglich sind Chargengrößen zwischen einer und hundert Tabletten.
Start-up-Gründung geplant
Die gewonnenen Erkenntnisse zu Polymeren, Druckverfahren und Druckerdesign wollen die Projektpartner in ein Start-up einfließen lassen. Diese Ausgründung soll in kommenden Jahren ein marktreifes Produkt entwickeln. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.