Kleiner, schneller und günstiger: Im Bereich der medizinischen Analytik tut sich einiges. So sind zum Beispiel früher sehr zeitaufwändige Laboruntersuchungen heute bereits in wenigen Minuten abgeschlossen. Winzige, tragbare Analyseeinheiten oder „Labs-on-a-Chip“ (LOC) ersetzen immer häufiger klobige Büroeinheiten. Doch hat die Miniaturisierung ihre Grenzen in einigen Bereichen wie beispielsweise in der Blutanalyse erreicht, so die Einschätzung von Experten der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Die Forschung müsse nun vermehrt die Identifizierung neuer Marker ins Auge fassen.
Grenzen der Miniaturisierung erreicht
Während der Trend zur Miniaturisierung in der Mikroelektronik weiter anhält, ist in der medizinischen Analytik bereits jetzt eine Schwelle erreicht, die nicht sinnvoll weiter unterschritten werden kann. Davon ist Professor Dr. Klaus Stefan Drese, Leiter des Instituts für Sensor- und Aktortechnik (ISAT) an der Hochschule Coburg überzeugt. „Blut und andere Flüssigkeiten, die in der Medizin analysiert werden, enthalten Zellen mit einer Größe von einigen Mikrometern“, so der Physiker. Eine Miniaturisierung in den Nanometerbereich hinein habe daher wenig Sinn. Außerdem werde stets ein bestimmtes Volumen benötigt, um gering konzentrierte Moleküle oder Zellen überhaupt aufspüren zu können.
Bereits seit einigen Jahren sind im Bereich der mobilen Blutanalyse handliche Geräte zur Blutzuckermessung verfügbar. Auch andere Werte, wie etwa Blutgerinnungsfaktoren oder Herz-Kreislauf-Marker lassen sich mittlerweile mithilfe von Point-of-Care-Testing, sogenannter patientennaher Labordiagnostik, erfassen. „Neue Entwicklungen in diesem Bereich gehen über die einmalige Messung hinaus und erlauben ein Monitoring über längere Zeiträume“, bestätigt Professor Dr. med. Claus Vogelmeier, Vorsitzender der DGIM und Direktor an der Klinik für Innere Medizin des Universitätsklinikums Marburg. Entsprechende Geräte werden bereits heute etwa in der Versorgung von Diabetespatienten eingesetzt.
Lab-on-a-Chip mit großem Potenzial
Drese ist davon überzeugt, dass damit das Potenzial von Labs-on-a-Chip noch lange nicht ausgeschöpft ist: Mithilfe neuer Marker könnten Blutproben immer präziser auch auf zirkulierende Tumorzellen, freie Tumor-DNA oder -RNA untersucht werden. Diese auch als Flüssigbiopsie bezeichnete Technik diene einerseits einer schnelleren Diagnose. Andererseits eröffne auch die Möglichkeit, Krankheitsverläufe oder die Wirksamkeit von Therapien besser zu überwachen.
Die Zukunft ist elektronisch
Auch in einem anderen Bereich pusht die schnelle Entwicklung in der Mikroelektronik die medizinischen Analysen. „Mithilfe neuer Entwicklungen in der Informationstechnologie in Form von leistungsstarken Rechnern, neuronalen Netzen und Deep Learning können Erreger und Gewebe inzwischen auch ohne komplexe biochemische Analysen mit hoher Wahrscheinlichkeit bestimmt werden“, sagt Drese. Dabei kommen die physikalischen Methoden der Massenspektrometrie und der Raman-Spektroskopie zum Einsatz, die für jedes Molekül ein charakteristisches Signal liefern. Die Analyse einer Blutprobe generiert dementsprechend eine unüberschaubare Menge einander überlagernder Signale. Darin können leistungsstarke Rechner schon heute innerhalb von wenigen Sekunden Muster zu erkennen, die für bestimmte Krankheitserreger typisch sind. Diese Analysen erreichen laut Drese bereits jetzt sehr hohe Trefferquoten und machen etablierten Verfahren starke Konkurrenz. Bislang liege ihre Anwendung jedoch außerhalb der medizinischen Diagnostik.