Kliniken haben Prozessoptimierung oft nicht im Blick

Krankenhausflur
Blick in Krankenhausflur: „Man kann eindeutig feststellen, dass Prozesse, die vor der Digitalisierung nicht optimal waren, danach noch schlechter werden oder überhaupt nicht mehr funktionieren.“ (Foto: chassenet/123rf.com)

Digitale Lösungen kommen nicht nur Patienten und Personal zugute, sondern könnten auch 30 Prozent der Kosten in Krankenhäusern sparen. Das geht aus einer Befragung der IT-Abteilungen von 163 deutschen Akutkliniken durch die Projektmanagementgesellschaft Curatis hervor. 

Erste „Smart-Hospitals“ wie die Uniklinik Hamburg-Eppendorf und die Universitätsmedizin Essen gehen aus Sicht der Gesellschaft als „Supra-Maximalversorger“ voran. Als Beispiel für kleinere Häuser mit guten Digitalisierungsfortschritten führt Curatis die Medius-Klinik in Nürtingen an, ein Haus der Grund- und Regelversorgung mit 331 Betten. 

Grund der Studie

Die digitale Transformation kostet viel Geld. Dies war der Grund, warum die Ingenieurs- und Projektmanagementgesellschaft Curatis die Studie zum Thema Digitalisierung in Kliniken initiierte. Die Gesellschaft stellt hierzu fest: „Da in vielen Digitalisierungsprojekten das Thema Prozessoptimierung erst im Laufe der Einführung und Durchführung des Projektes an Bedeutung gewinnt, wundern sich viele, dass die Überzeugungsarbeit aller Beteiligten sehr viel Zeit, Kraft und natürlich Geld kostet und oft der Schuldige für ein mögliches Scheitern in dem Digitalisierungsprozess oder der Software gesucht wird. Auch gut gemeinte Skills und Methoden wie beispielsweise ‚Scrum‘ tun sich schwer, intransparente, individuelle und unstrukturierte Prozesse zu digitalisieren. Man kann eindeutig feststellen, dass Prozesse, die vor der Digitalisierung nicht optimal waren, danach noch schlechter werden oder überhaupt nicht mehr funktionieren.“

Prozesse häufig nicht transparent

Nahezu 85 Prozent der von Curatis befragten Kliniken gaben an, dass man für das Management von Medizinprodukten, hierzu gehören die Patientenbetten, Infusions- und Spritzenpumpen, Operationsbesteck, Beatmungsgeräte und vieles mehr, keine Softwarelösung habe, die in Echtzeit den Standort, die Auslastung und den Status der gesetzlich geforderten Prüfungen zeigt. Auch die Frage der Kostenzuordnung (Kaufpreis, Bewirtschaftungs- und Nutzungskosten) je Gerät konnten nur zehn Prozent der befragten Kliniken mit ja beantworten, wobei die Einschränkung vermerkt wurde, diese Information nicht für alle Medizinprodukte zu haben. Eine weitere Erkenntnis ist, dass nur fünf Prozent der befragten Kliniken erfolgreich Robotik im Bereich von Dienstleistungen für und am Patienten einsetzen, wobei keine Angaben zum Return-of-invest (ROI) gemacht werden konnten.

Kaum Einsatz von Künstlicher Intelligenz

Auch wurde abgefragt, wie notwendige Leistungen angefordert, dokumentiert und im Rahmen einer betrieblichen Leistungsverrechnung gesteuert werden. 15 Prozent gaben an, hier mit entsprechenden digitalen Lösungen zu arbeiten, wobei das Thema künstliche Intelligenz (KI) wie es beispielsweise in der Logistikindustrie eingesetzt wird, nur von vier der befragten Kliniken als umgesetzt angegeben wird.

Insgesamt hat Curatis bundesweit 163 Kliniken mit jeweils mehr als 200 Betten befragt. Das Ergebnis ist eindeutig: die meisten Prozesse in Kliniken erfolgen noch analog. Gerade bei den Dienstleistungen rund um Patienten und eigene MitarbeiterInnen wird noch viel telefonisch bestellt, es werden Zettel geschrieben, gefaxt, gemailt, Aufgaben per Zuruf erteilt und es erfolgt fast kein Leistungscontrolling. Die Schlussfolgerung der Projektmanagementgesellschaft: „Somit haben die wenigsten Kliniken die Möglichkeit diese Leistungen hinsichtlich Qualität und Wirtschaftlichkeit zu benchmarken. Da hier von einem erheblichen Anteil des Klinikbudgets gesprochen wird, sind die Chancen der Optimierung und Rationalisierung deutlich gegeben.“

Mangelhafte Abläufe kosten viel Geld

Curatis bewertet das Einsparpotential durch die Digitalisierung nach der Analyse riesig. Neben der Reduzierung nicht voll ausgelasteter Medizinprodukte (75 Prozent der befragten Kliniken sehen allein bei den Betten einen riesigen Überbestand), der Verhinderung von „Blind- und Leerwegen“ in der Logistik sowie Einführung von Robotik haben die Experten ein Einsparpotential von über 30 Prozent errechnet. Hinzu kommen demnach noch Möglichkeiten bei Einsparungen durch konsequenten Einsatz eines Nachhaltigkeitsmanagements. So hatten alle befragten Kliniken eine eigene Speisenversorgung oder wurden entsprechend beliefert. Nach Einschätzung der Projektmanager ergibt sich alleine hier eine massive Sparmöglichkeit: „Die Angabe der Menge der Konfiskat-Abfälle würde ausreichen, um drei Klinika der Maximalversorgung von je 1.500 Betten zu verpflegen. Der Einsatz einer Softwarelösung und das Management der Prozessoptimierung in der Speisenversorgung kostet fünf Prozent der eingesparten Lebensmittel, ohne Berücksichtigung der eingesparten Personalkosten (durch Absenkung von 30 Prozent der Beköstigungstage).“

Fazit

Aus Curatis-Sicht ist der erste Schritt zur Digitalisierung die Transparenz der Prozesse und Abläufe. Dabei sei die „Währung“ Zeit, Kosten und Vollzeitkräfte. Nur wer die Währung kenne, könne wirtschaftlich handeln. Die Projektmanagementgesellschaft bietet Interessenten weitere Informationen zum Thema an.