Gesundheitscloud soll Patientendaten verwalten

IT-Experten des Potsdamer Hasso-Plattner-Instituts (HPI) entwickeln derzeit die Gesundheitscloud. Mit ihr sollen Patienten künftig selbstbestimmt ihre Gesundheitsdaten zusammenführen und verwalten können.

Das aktuelle Blutbild liegt beim Hausarzt, die letzte Röntgenaufnahme beim Radiologen und die täglich gemessene Herzfrequenz auf dem Fitness-Armband. Mit der Gesundheitscloud möchte das Hasso-Plattner-Institut eine patientenzentrierte Plattform für Gesundheitsdaten und darauf basierenden Anwendungen etablieren. Im Vordergrund steht dabei der Grundsatz, dass Patienten die Hoheit über ihre Gesundheitsdaten haben. Mithilfe einer Cloud-Architektur sollen diese Informationen an einem zentralen Ort verwahrt werden. Mündige Patienten sollen dadurch einen kontinuierlichen Zugang zu ihren Gesundheitsdaten erhalten und souverän über deren Nutzung entscheiden können. Das Vorhaben soll dazu beitragen, die steigenden Kosten im Gesundheitswesen zu reduzieren und gleichzeitig eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung zu ermöglichen.

Verteilte Daten als Risiko

Die Menge an Gesundheitsdaten (Genom-, Sensor-, Fitness-Daten, etc.) wächst derzeit rasant. Verteilt auf isolierten Datenbanken bleiben die Analysemöglichkeiten begrenzt. Nach Einschätzung des Instituts können negative Folgen dieser verteilten Datenspeicherung Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen sein. Auch überflüssige Behandlungen und Untersuchungen können daraus resultieren.

Die vom HPI konzipierte Cloud soll dabei helfen, Gesundheitsdaten aus verschiedenen Datenquellen zusammenzuführen und sicher zu speichern. Dabei wären mündige Patienten die entscheidenden Instanzen bei der Freigabe ihrer Daten. Auf deren Basis sollen mithilfe von modernen Analysetechnologien (wie z.B. In-Memory Analytics und Machine Learning) neue Erkenntnisse gewonnen werden, die Patienten in der Gesundheitsvorsorge, aber auch bei der Einordnung von Diagnosen und Therapieoptionen unterstützen. Die Patienten sollen dabei stets die Kontrolle über ihre Daten behalten. Die Rechte zur Datennutzung werden individuell an ärztliches Fachpersonal, Familienmitglieder oder auch in anonymisierter Form für die medizinische Forschung vergeben. Ähnlich einer Blutspende könnten auch gesunde Personen ihre medizinischen Daten zur Verfügung stellen und die Wissenschaft unterstützen.

Vorteile für Ärzte

Auch für Heilberufler wäre nach dem Urteil des Instituts der Zugang zu einer lückenlosen Patientenhistorie von großem Vorteil. Sie könnten mithilfe der neustrukturierten Datenbasis und den erweiterten Analysemöglichkeiten neue Zusammenhänge aufdecken. Durch die Anbindung medizinischer Forschungsdatenbanken könnten per Echtzeit-Suche neueste medizinische Erkenntnisse in die Behandlung einfließen. Das könnte eine individualisierte Behandlung zu geringeren Kosten ermöglichen.

Darüber hinaus soll die Cloud als Plattform für Gesundheits-Softwareanwendungen dienen. Aktuell sind über 200.000 Gesundheitsapplikationen auf dem Markt. Viele davon könnten von der skalierbaren Dateninfrastruktur und den verfügbaren Analyse- und Machine-Learning Algorithmen profitieren.

Die Freigabe von anonymisierten Gesundheitsdaten könnte der medizinischen Forschung in Deutschland neue Impulse geben. Das HPI teilt dabei die Auffassung renommierter Forscher, dass durch die Nutzung individueller Gesundheitsdaten Volkskrankheiten besser behandelt und die Heilungschancen erhöht werden könnten.

Projektstart in Potsdam

„Der Patient hat das Recht auf seine eigenen Daten“, begründet HPI-Stifter Professor Hasso Plattner den Start des Projekts am Potsdamer Exzellenzzentrum. Eine gemeinnützige Plattform schaffe seinen Worten nach das notwendige Vertrauen, dass die Daten nicht missbraucht werden.

„Die Digitalisierung des Gesundheitssystems und die Etablierung einer Gesundheitscloud eröffnet eine Vielzahl neuer Möglichkeiten“, so HPI-Direktor Professor Christoph Meinel. Ärzte könnten durch den Zugang zu einer lückenlosen Patientenhistorie neue Zusammenhänge aufdecken und die Therapie stärker auf den spezifischen Patienten anpassen. „Auch die Erforschung von Krankheiten wie Krebs könnte stark davon profitieren, wenn es endlich eine Option gäbe, die eigenen Daten anonymisiert zur Verfügung zu stellen“, hofft Meinel.