Sicher und selbstbestimmt wohnen im Alter

Die meisten Menschen möchten gerne auch im Alter unabhängig in den eigenen vier Wänden leben. Das könnte künftig besser gelingen. Forscher haben ein Konzept entwickelt, das den Senioren die erforderliche Sicherheit bietet, ohne dass sie auf ihre Privatsphäre verzichten müssen.

Was tun, wenn man in seiner Wohnung stürzt? Viele Menschen stellen sich im Alter diese und ähnliche Fragen, wünschen sich Sicherheit, ohne jedoch die eigenen vier Wände aufgeben zu müssen. Das neue Technologiekonzept soll genau das nun ermöglichen und zudem die Privatsphäre wahren. Entwickelt worden ist das System „SUSI TD“ von Forschern des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering (IESE), dem Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung  e.V. sowie der CIBEK technology + trading GmbH .

Das System wird in den Wohnungen beziehungsweise Häusern der Senioren installiert. Kameras und Co. sucht man dort vergeblich. „Unser System basiert auf nicht-invasiven Sensoren, vor allem auf Bewegungsmeldern, wie man sie auch von Lampen oder Alarmanlagen kennt, sowie auf Berührungssensoren an oft benutzten Schubladen oder am Kühlschrank“, erläutert Rolf van Lengen, Abteilungsleiter am IESE. Anhand der Sensordaten lernt das System, die wiederkehrenden Handlungen der Person zu identifizieren und soll so erkennen, wenn der Bewohner Hilfe benötigt.

Die Privatsphäre des Bewohners bleibt trotz der zusätzlichen Sicherheit gewahrt: Die gesammelten Daten verbleiben in der Wohnung und werden auch dort ausgewertet. Erst wenn das Verhalten des Menschen von seinem üblichen abweicht, schickt das System eine verschlüsselte Meldung an die Pflegedienststelle oder den Pflegestützpunkt.

Direkter Draht zu Angeboten der Pflegestützpunkte

Ebenso wichtig wie die Sicherheit ist es, die selbstständige Lebensführung sowie die soziale Integration der Menschen im Alter zu fördern und sie entsprechend zu beraten. Was können sie für ihre Gesundheit und einen gelungenen Alltag tun? Welcher Ansprechpartner steht bei Problemen in diesem Bereich zur Verfügung? Dieser Aspekt ist es, der Anne Gebert vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. besonders am Herzen liegt: „Über ein Video-Kommunikationstool können die Personen via Touchscreen direkt mit den Beratern der Pflegestützpunkte sprechen.“ Die Expertin ist davon überzeugt: „Die Berater können die Menschen somit noch besser begleiten, als dies alleine durch gelegentliche Hausbesuche möglich ist.“ Über das Kommunikationstool können die Senioren zudem auch ihre Freunde und Familienangehörige kontaktieren, Spiele miteinander spielen oder Fotos austauschen.

Enge Zusammenarbeit mit Testpersonen

Den Forschern war es wichtig, bei der Entwicklung des Konzepts keine neuen Strukturen oder Doppelstrukturen zu schaffen. Deshalb wurde es mit den Akteuren, die bereits vor Ort tätig sind, entwickelt und erprobt – also mit den Pflegestützpunkten und ambulanten Dienstleistern.

Besonders berücksichtigt wurden außerdem die Bedürfnisse der Nutzer. Deshalb wurde das System zusammen mit Anwendern auf Herz und Nieren geprüft. Die Wissenschaftler statteten deshalb zunächst 18 Wohnungen im Raum Trier mit den Sensoren aus. In enger Rücksprache mit den dort lebenden Senioren wurden das System so getestet und die Wünsche und Bedürfnisse der Testpersonen erfasst. Im Folgeprojekt StuDI wollen die Forschenden ein adaptiertes System nun testweise in 100 Wohnungen integrieren.

Für die Entwicklung von SUSI TD erhalten Cornelius Moucha, Mario Schmitt und Rolf van Lengen vom Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE, Anne Gebert vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. und Bernd Klein von der CIBEK technology + trading GmbH den diesjährigen Joseph-von-Fraunhofer-Preis „Technik für den Menschen“. Die Jury begründet die Preisvergabe unter anderem mit „dem besonderen Wert, der neben der technischen Umsetzung auf die ethischen Gesichtspunkte gelegt wurde“.