ePA-Erstbefüllung alleinige Aufgabe der Ärzte

Digitalisierung im Gesundheitswesen (Symbolbild Ordner-Icon)
Digitalisierung im Gesundheitswesen: Der Referentenentwurf zum geplanten Digital-Gesetz (DigiG) sorgt für teils kontroverse Reaktionen und Stellungnahmen von Ärzten und Verbänden (Bild: mingirov/123rf.com)

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) begrüßt den Referentenentwurf zum Digital-Gesetz (DigiG), wendet sich aber gegen die darin erwähnte Befüllung der elektronischen Patientenakte (ePA) mit Gesundheitsdaten durch Krankenkassen.

Nach Einschätzung der DGIM werde mit dem Gesetzentwurf die Digitalisierung im Gesundheitswesen konsequent vorangetrieben. Das geschehe „erkennbar an den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer“ orientiert. Ärztinnen und Ärzte sollten mittels bestehender Vergütungsmechanismen einen Anreiz erhalten, dass sie die ePA ihren Patientinnen und Patienten aktiv anbieten und diese für sie befüllen.

Allerdings fordert die Fachgesellschaft, dass die erstmalige Befüllung der elektronischen Patientenakte (ePA) mit Gesundheitsdaten durch Ärztinnen und Ärzte erfolgen muss, die umfassend mit der Krankengeschichte der jeweiligen Versicherten vertraut sind. Nur so sei gewährleistet, dass die digitale Akte alle versorgungsrelevanten Informationen enthält.

Vorteile für chronisch Erkrankte

„Gerade chronisch Erkrankte mit relevanten Vorerkrankungen profitieren erheblich davon, wenn aus der ePA klar hervorgeht, wie sich ihr Gesundheitszustand entwickelt und wie bisherige Behandlungen gewirkt haben“, begrüßt Professor Dr. med. Claus Vogelmeier, Vorsitzender der DGIM-Kommission Digitale Transformation in der Inneren Medizin und Sonderbeauftragter für Digitalisierung der DGIM, diese Regelung ausdrücklich.

Dabei sieht der Experte die Erstbefüllung der ePA klar als Aufgabe der Ärzteschaft. „Welche Informationen aus der Krankengeschichte einer Patientin oder eines Patienten für zukünftige Behandlungen relevant sind, können am besten Ärztinnen und Ärzte entscheiden, die sie schon lange kennen und häufiger behandelt haben“, sagt Vogelmeier und spricht sich damit gegen das im bisherigen Entwurf skizzierte Verfahren zur Erstbefüllung der Akte durch die Krankenkassen aus. 

Krankenkassen sollen außen vor bleiben

Dem Gesetzentwurf zufolge sollen Patientinnen und Patienten ihnen vorliegende Befunde selbst an die Krankenkassen schicken, welche die Dokumente einscannen und in die ePA einstellen. „Diese Regelung lehnen wir, aber auch die Kassen selbst ab, denn wie sollen die Versicherten oder die Mitarbeitenden der Krankenkassen fachlich entscheiden können, welche Befunde versorgungsrelevant sind und welche nicht?“, sagt auch DGIM-Generalsekretär Professor Dr. med. Georg Ertl. Dieses Verfahren sehe er auch in Hinsicht auf den Datenschutz und die ärztliche Schweigepflicht kritisch.

ePA-Vorgaben fehlen

Aktuell gibt es noch keine Vorgaben, welche Daten in welcher Form in die ePA zu überführen sind. „Langfristig brauchen wir für die Erstbefüllung fachliche und qualitätssichernde Vorgaben, die sicherstellen, dass tatsächlich versorgungsrelevante Informationen möglichst vollständig in der ePA enthalten sind und Behandelnde diese auch schnell abrufen können“, fordert Ertl daher. Der Internist regt an, diese Mindestvorgaben an die Vergütung zu koppeln und bestehende Vergütungsmechanismen so auszurichten, dass Ärztinnen und Ärzte einen Anreiz erhalten, die ePA ihren Patientinnen und Patienten aktiv anzubieten und diese für sie befüllen.

Ärzte-Schutz vor widerspenstigen Patienten

Dass die ePA über eine Opt-out-Lösung in die Breite der Versorgung gebracht werden soll, begrüßt die DGIM ebenfalls. So sei sichergestellt, dass Patientinnen und Patienten weiter die Hoheit über ihre Daten haben. „Um die höchstmögliche Qualität der Versorgung sicherzustellen, sollten etwa Hausärztinnen und Hausärzte von Beginn an ohne gesonderte Einwilligung möglichst weitreichende und zeitlich unbegrenzte Zugriffsrechte erhalten“, sagt Digital-Experte Vogelmeier. Falls Patientinnen und Patienten der Nutzung bestimmter Daten durch einzelne Behandelnde aktiv widersprechen, müssen sie umfassend darüber aufgeklärt werden, dass dies potenziell negative medizinische Folgen für sie haben kann. „Ärztinnen und Ärzten darf kein Schaden daraus erwachsen, wenn sie Patientinnen und Patienten nicht bestmöglich behandeln können, weil sie bestimmte ePA-Daten nicht einsehen durften,“ meint der Marburger Internist.

Anpassungsbedarf bei eMP, Telemedizin und DiGA

Daneben sieht die DGIM noch Anpassungsbedarf bei den Regelungen zum elektronischen Medikationsplan (eMP), bei der Telemedizin, Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA), Interoperabilität und Sicherstellung der Nutzung der Daten für die Forschung. Zu diesen Themen haben die DGIM-Expertinnen und -Experten Vorschläge erarbeitet und in einer Stellungnahme zusammengefasst.

Darüber hinaus legen die Expertinnen und Experten der Fachgesellschaft Standpunkte zur Interoperabilität medizinischer Daten, zur Nutzerfreundlichkeit informationstechnischer Systeme sowie zum geplanten Digitalbeirat vor. Wichtig ist der DGIM außerdem, dass die Daten der medizinischen Forschung zur Verfügung stehen, um klinische Studien mit Daten aus der Routineversorgung ergänzen zu können.

Die vollständige DGIM-Stellungnahme kann unter diesem Link von der DGIM-Webite als PDF geladen werden.