E-Rezept-Startregionen stehen fest

KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel
KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel „Ein einfacher Ablauf ist für Ärzte, Apotheken und Patienten entscheidend“ (Foto: axentis.de/Georg J. Lopata)

Der Start des E-Rezept wird ab 1. September 2022 in den Regionen der Kassenärztlichen Vereinigungen in Westfalen-Lippe (KVWL) und Schleswig-Holstein (KVSH) erfolgen. Zuvor soll schon eine strukturierte Startphase mit ausgesuchten Praxen und Apotheken in Westfalen-Lippe beginnen.

Ab diesem Zeitpunkt werden die Apotheken in ganz Deutschland elektronische Rezepte annehmen. In Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe werden in Pilot-Praxen und -Krankenhäusern dann hochlaufend zu einem flächendeckenden Verfahren E-Rezepte ausgestellt. Auf diese erste Stufe des Rollouts haben sich die Gesellschafter der Gematik am 31. Mai einstimmig geeinigt.

Bereits im Sommer soll es mit ausgesuchten Praxen der niedergelassenen Ärzte sowie Apotheken in Westfalen-Lippe beginnen; in Schleswig-Holstein werden bereits jetzt täglich 300 bis 500 E-Rezepte ausgestellt und eingelöst. Ab dem 1. September erfolgt dann der Start in Abhängigkeit von der tatsächlichen technischen und organisatorischen Verfügbarkeit im Rahmen eines sukzessiven schnellen Hochlaufs in den Praxen und Apotheken. Ziel ist die Überführung in eine Routine, um eine schnellstmögliche Flächenabdeckung zu erreichen. Neben den KVen will die Betreibergesellschaft Gematik diesen Prozess in den Startregionen eng begleiten.

Über die Regionen hatten sich Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Deutscher Apothekerverband (DAV) und deren regionale Leistungserbringerorganisationen bereits abgestimmt. Weitere entsprechende Abstimmungen erfolgen mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), der Bundesärztekammer (BÄK), der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK).

Nächste Schritte folgen stufenweise

Die nächsten Schritte der stufenweisen Einführung werden von den Gesellschaftern zeitnah festgelegt. Stand heute ist angedacht, drei Monate später – sofern die Gesellschafter den Erfolg der ersten Stufe beschlossen haben – in diesen beiden Regionen verpflichtend und in sechs weiteren Bundesländern sukzessive die Einführung umzusetzen. In 2023 folgen die ausstehenden acht Bundesländer und damit die bundesweite Nutzung des E-Rezepts.

Bis zur verbindlichen Einführung des E-Rezeptes sind die medizinischen Einrichtungen in allen Regionen angehalten, von der Möglichkeit der E-Rezept-Ausstellung Gebrauch zu machen. Die Krankenkassen sind heute schon, die Apotheken spätestens ab dem 1. September 2022 bundesweit dazu in der Lage, E-Rezepte einzulösen und abzurechnen.

Jede Praxis bestimmt ihren Startpunkt selbst

Dr. Monika Schliffke, Vorstandsvorsitzende der KVSH, unterstützt das geplante Vorgehen: „Keine Praxis muss die Umsetzung fürchten, denn uns ist bewusst, dass es derzeit vielfach noch an zentralen Modulen fehlt und digitale Prozesse Strukturänderungen in Praxen bedingen, die vor der Routine Aufwand erfordern. Wir erwarten nun von Gematik und Softwarehäusern, dass sie sich in den Rollout-Phasen direkt mit den KVen abstimmen, für stabil laufende Technik sorgen und dafür auch Verantwortung übernehmen. KVSH und KVWL werden einen besonderen Support für die Anwender der einzelnen PVS-Systeme gewährleisten und dabei den Kreis sukzessive größer ziehen, wenn das E-Rezept zu einer Routine geworden ist. Dies schließt nicht aus, dass selbstverständlich jede Praxis ihren Startpunkt selbst bestimmt.“

Auch Dr. Dirk Spelmeyer, Vorstandsvorsitzender der KVWL, weiß wo der Ärzteschaft der Schuh drückt und verdeutlicht die Intention des Projekts: „Der wichtigste Schritt auf dem Weg zur flächendeckenden Nutzung des E-Rezepts ist es, Prozesse und Strukturen belastbar zu evaluieren. Denn eines ist sicher: Die technischen Komponenten und die Prozesse in der Praxis müssen perfekt aufeinander abgestimmt sein und harmonieren. KVWL und KVSH sind bekannt für ihre Vorreiterrolle und Expertise im Bereich der Digitalisierung, daher werden wir in einem zeitlich und regional gestuften Vorgehen als kompetenter Ansprechpartner gemeinsam die Praxen unterstützen und leiten. Deren Aufwand darf nämlich in keinem Fall erhöht werden – wir wollen Bürokratie und zeitaufwändige Hybridlösungen abbauen, nur so kommt der Nutzen des E-Rezepts auch bei allen Beteiligten an.“

KBV-Vorstand fordert Einfachheit

Auch KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel, der sich zuletzt kritisch zu verschiedenen Digitalisierungsvorhaben und der Gematik geäußert hatte, kommentiert die beschlossene Startphase nun eher wohlwollend: „Das Zusammenspiel muss gewährleistet sein, denn ein einfacher Ablauf ist für alle entscheidend: für Ärzte, Apotheken und Patienten. Es darf auf keinen Fall so sein, dass ein Arzt abhängig vom einzelnen Patienten immer wieder ein anderes Produkt für das Ausstellen einer digitalen Verordnung anwenden muss.“