Der Mangel an Fach- und Hilfskräften ist weiter eine zentrale Herausforderung für die deutsche Gesundheitswirtschaft. Das geht aus dem aktuellen DIHK-Gesundheitsreport hervor, an dem sich bis Mitte Februar 2022 rund 700 Betriebe beteiligt haben.
Laut dem Report des Deutschen Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK) leiden aktuell 81 Prozent der Gesundheits- und sozialen Dienste unter großer Personalnot – nahezu unverändert gegenüber dem Vorjahr (83 Prozent). „Gerade in den dienstleistungsintensiven Bereichen der Gesundheitswirtschaft bleibt die Besetzung freier Stellen das Problem Nummer eins”, sagt der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks.
Der Mangel an Fachkräften ist im Gesundheitsbereich deutlich größer als in der Wirtschaft insgesamt, wo mit durchschnittlich 61 Prozent so viele Unternehmen wie noch nie Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko beschreiben. „Bei den Gesundheits- und Pflegedienstleistern kommt der Druck angesichts der Demographie-Situation von zwei Seiten: Zum einen gibt es immer weniger Nachwuchs, zum anderen steigt die Zahl der pflegebedürftigen Menschen stark an“, warnt der DIHK-Mann.
Altenpflege besonders betroffen
Der leergefegte Arbeitsmarkt dämpft vor allem in der Altenpflege die Erwartungen, ausreichend Personal zu finden: „Aufgrund der hohen Zahl an Geflüchteten aus der Ukraine machen sich Betriebe Hoffnungen auf Neueinstellungen in den kommenden Monaten “, erläutert Achim Dercks. „Wir warnen als DIHK allerdings vor allem vor kurzfristigen Erwartungen. Diese Menschen müssen zunächst – oft als Familie – in Deutschland gut ankommen – und im Anschluss folgen dann die Themen Spracherwerb und Kinderbetreuung.”
Zusätzlich zum Fachkräftemangel belasten Rohstoffpreise und Energieengpässe über die Hälfte der Unternehmen auch in der Gesundheitswirtschaft. Diese Probleme wirken sich perspektivisch auch auf die Versorgung der Gesundheitswirtschaft aus – unter anderem bei Medikamenten, Hilfsmitteln und Medizintechnik. Die Lage dürfte sich bei fortgesetzter Kriegssituation in der Ukraine wohl noch weiter verschärfen.
Schmerzhafte Lieferengpässe und MDR-Verordnung
Vor allem in der Medizintechnik setzt sich der negative Trend vom Herbst vergangenen Jahres fort. Hier leiden mittlerweile 81 Prozent unter dem Kostendruck. Die wirtschaftlichen Erwartungen waren – sieht man einmal von der Corona-Krise ab – zuletzt 2009 so niedrig. 42 Prozent der Betriebe aus der Medizintechnik leiden ganz konkret an Lieferengpässen und das, obwohl die Auftragsbücher gut gefüllt sind. Nur noch knapp die Hälfte (46 Prozent) wollen in Produktinnovationen investieren, der niedrigste Wert seit sieben Jahren. Über die genannten Störungen in der Logistik hinaus belastet die Unternehmen in dieser Branche auch die neue EU-Verordnung für Medizinprodukte.
Pharma läuft rund
Einzig in der Pharmaindustrie erleben die Unternehmen gerade einen gegenläufigen Trend. 43 Prozent stufen ihre Geschäftserwartungen als positiv, weitere 46 als unverändert ein. Viele Unternehmen wollen im Laufe des Jahres weitere Stellen ausschreiben und Kapazitäten aufstocken. Achim Dercks: „Insgesamt gesehen, war die Gesundheitswirtschaft im vergangenen Jahr noch verhalten optimistisch. Davon ist heute nichts mehr zu spüren. Vor allem die derzeitigen Entwicklungen der Energiekosten machen auch hier den Unternehmen große Sorgen.“