Digitalisierung in der Pflege: bvitg veröffentlicht Positionspapier

Die Bedeutung der Pflege im Versorgungsbereich wächst ständig. Gleichzeitig ist der Pflegesektor in der Gesundheitsversorgung das wohl am stärksten von Ressourcenknappheit betroffene Segment. Das hat auch die Bundesregierung im Koalitionsvertrag aufgegriffen und auch Maßnahmen aufgeführt, die eine Digitalisierung in der Pflege fördern sollen. Der Bundesverband Gesundheits-IT – bvitg e.V. hat zu diesem Thema nun ein Positionspapier veröffentlicht und fordert darin weniger Bürokratie und stärkere Einbindung in digitale Prozesse.

„Um die Gesundheitsversorgung weiterhin mit hoher Qualität in Deutschland garantieren zu können, ist die Digitalisierung in der Pflege unabdingbar“, sagt bvitg-Vorstandsmitglied Uwe Eibich. Der in der Pflege besonders wichtige zwischenmenschliche Kontakt komme bei hohen administrativen Verpflichtungen und Kostendruck häufig zu kurz. „Die Digitalisierung in der Pflege eröffnet diesbezüglich Potenziale, so dass wieder mehr Zeit für die pflegerischen Kernaufgaben bleibt“, so Eibich weiter.

So fordert der bvitg den Abbau von Bürokratie in Diagnostik und Dokumentation durch die Schaffung von gesetzlichen Grundlagen, die es erlauben, auf papiergebundene Prozesse uneingeschränkt zu verzichten. Jeder Mehraufwand mit der Einführung und Entwicklung von elektronischen Pflegeprozessen durch zeitgleich doppelte papiergebundene Bearbeitung hemmt die digitale Transformation und bindet unnötig die Arbeitszeit von Pflegefachkräften, heißt es.

Telemedizinische Leistungen fördern

Eine weitere Forderung des Koalitionsvertrages ist der Ausbau telemedizinischer Leistungen. Der bvitg unterstützt diese Forderung und erwartet, dass telemedizinischen Anwendungen, wie elektronische Arztvisiten, Smart Homecare sowie Assistenz- und Notsysteme, auch in die Pflegeversorgung einbezogen, gefördert und vergütungsrelevant gestellt werden. Zudem müssen rechtliche und ökonomische Rahmenbedingungen für telemedizinische Anwendungen geschaffen werden. Diese sollten auch dauch die Bereiche Gesundheitsförderung, Krankheitsprävention, Pflegediagnostik, telepflegerische Behandlung und das Monitoring von Patienten über weite Distanzen hinweg umfassen.

Die Vereinbarung der Koalitionsparteien sieht vor, die Pflege in die Telematikinfrastruktur (TI) einzubeziehen. Dazu müssen nach Ansicht des bvitg die Voraussetzungen geschaffen werden. Mit dem Anschluss an die TI werden die Pflegeeinrichtungen Teil der Vernetzung zwischen allen Beteiligten im Gesundheitswesen. Nur auf diese Weise können Verwaltungs- und Versorgungsprozesse sichergestellt und sinnvolle Anwendungen ihren Weg zu den Pflegenden und Gepflegten finden. Dazu ist jedoch die eindeutige Anerkennung einer elektronischen Signatur mittels des elektronischen Berufsausweises (eBA) erforderlich, Der für die Angehörigen von Gesundheitsfachberufen, Gesundheitshandwerken sowie sonstigen Erbringern ärztlich verordneter Leistungen von dem länderübergreifenden elektronische Gesundheitsberuferegister (eGBR) ausgegeben wird.

Ambulante Pflegedienste einbinden

Durch zentral zugängliche Informationen zum Patienten kann die reibungslose intersektorale und interdisziplinäre Nutzung elektronischer Daten sichergestellt werden (Stichwort: Gesundheitsakte/Patientenakte). Für Deutschland muss eine verbindliche Pflegeterminologie festgelegt und in das Interoperabilitätsverzeichnis vesta aufgenommen werden, fordert der bvitg. Die elektronische Patientenakte (ePA) soll in der laufenden Legislaturperiode eingeführt werden. Hier müsse darauf geachtet werden, dass sich dort auch die pflegerelevanten Daten wiederfinden. Denn nur mit den notwendigen Daten aus der Pflegedokumentation ergeben die Gesundheitsdaten in der ePA ein umfassendes Bild. Basierend auf der im E-Health-Gesetz verankerten ePA sollten stationäre und ambulante Pflegedienste über die Einbindung in die TI ebenfalls auf alle relevanten Informationen zugreifen können. Die Finanzierung entsprechender Hilfsmittel und Geräte wie zum Beispiel Smartphones sollte über eine Vergütung beziehungsweise Förderung sichergestellt werden.

Die Absicht der großen Koalition, die pflegerischen Leistungen und Vergütungen aus dem jetzigen klinischen Abrechnungssystem der DRG herauszulösen, kann nach Ansicht des Verbandes nicht ohne eine digitale Unterstützung in der Pflege effizient umgesetzt werden. Daher muss die Vergütung einer Digitalisierung in der Pflege in einem neuen Abrechnungsmodell berücksichtigt werden.

Die der Evidenzbasierung pflegerischen Handelns muss laut bvitg gestärkt werden. Hierzu müssen Betreiber von IT-Projekten finanziell unterstützt werden, wenn sie gemeinsam mit Herstellern Evidenzen und Nutzen der Technologien für Pflegefachkräfte und Patienten nachweisen. Die Forschungsergebnisse sollten zudem zentral und für alle in einer nationalen Datenbank verfügbar gemacht werden. Um die Forschung entsprechend tiefgründig voranzutreiben, muss der Studiengang „Pflegeinformatik“ als (Promotions-) Studiengang geschaffen werden.

Darüber hinaus fordert der bvitg eine Förderinitiative mit Schwerpunkt „Digitalisierung in der Pflege“. Hier sollte die Bundesregierung direkte und indirekte Mittel zur Verfügung stellen, um Initiativen zu fördern, die intersektorale und interdisziplinäre IT-gestützte Innovationen im Bereich der Pflege verbinden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Förderinitiative frei ist von überzogenen bürokratischen Hürden und einengender Themenstellung ist.

Pflichtfach IT in der Pflege

Das Pflichtfach „IT“ muss nach Ansicht des Verbandes Bestandteil der Pflege-Aus- bzw. Weiterbildung werden. Im Rahmen der Überarbeitung der gemeinsamen Ausbildung von Alten-/Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpflege müssen digitale Ausbildungsinhalte neu definiert und innovative Formen der Wissensvermittlung genutzt werden. Die Etablierung der Pflegeinformatik als eigenständiges Fach zur Entwicklung, Analyse und Bewertung pflegerischer Technologien im deutschen Gesundheitswesen sollte gefördert und Stellen zur Begleitung der „Digitalen Transformation in der Pflege“ durch weitergebildete Pflegeinformatiker geschaffen werden. Das Positionspapier steht online auf der Seite des bvitg zur Verfügung.