Digitalisierung im Fokus der Sportmedizin

Im Rahmen der „Medical + Sports Conference“ wird auf der nächsten Medica beleuchtet, welche Erkenntnisse aus dem Profisport auch für ein breiteres Bevölkerungssegment relevant sind. Im Mittelpunkt stehen Künstliche Intelligenz, Sensorik – und Cannabis.

Was wird alles im Spitzensport getan, um Höchstleistungen zu erbringen und welche Erkenntnisse aus dem Profisport sind für ein breiteres Bevölkerungssegment relevant? Das sind zwei zentrale Fragen, denen sich die diesjährige 7. Medica Medicine + Sports Conference (MMSC) am 20. und 21. November 2019 widmet. Sie findet statt im Rahmen der Fachmesse Medica 2019 (18. – 21. November) in Düsseldorf statt. 

Der sportmedizinische Fortschritt soll hier Interessierten nahegebracht werden. Mit Sebastian Kienle nimmt einer der erfolgreichsten Triathleten der Welt an der Konferenz als Sprecher teil. Kienle siegte beim Ironman World Championship in Hawaii 2014 und wurde auch drei Mal Ironman-Europameister. Kienle ist ein Verfechter von Hightech im Sport: Er richtet sein Training nach den in Echtzeit verfügbaren Daten aus. Welche Daten dabei für Vorbereitung, Wettkampf, Regeneration und Präventionen von Verletzungen und Krankheiten eine Rolle spielen, wird er am Mittwochmittag, 20. November 2019 bei der MMSC als Keynote-Sprecher berichten. „Wenn ich einen eineiigen Zwilling hätte und der würde seine Karriere ohne Technologie und Datenanalyse bestreiten – er hätte keine Chance“, sagt Kienle.

Olympia in Zeiten des Klimawandels

Um den olympischen Sport geht es im Folgevortrag „Summer is coming! Preparation to Tokyo 2020 Olympics” von Dr. Stéphane Bermon. Der Arzt ist Geschäftsführer des Health & Science Department des Weltleichtathletikverbands IAAF. Die zu erwartende Hitze bei den nächsten olympischen Spielen wird die Sportler und ihre Teams vor große Herausforderungen stellen. 

Wenn die Umgebungstemperatur hoch ist, kann die Körperkerntemperatur beim Marathonlauf auf mehr als 39 Grad Celsius ansteigen und es kann zur Beeinträchtigung von körperlichen Grundfunktionen und medizinischen Folgeschäden kommen. Hitzekammern, Trainingsorte mit erhöhter Temperatur, neue biomedizinische Geräte wie einnehmbare Pillen zur Messung der Temperatur, Schweißanalysatoren, Wärmebildkameras, speziell entwickelte Kleidung und tragbare Elektrolyt- oder thermische Analysatoren werden verwendet, um entweder Forschungen für bessere vorbeugende Maßnahmen durchzuführen oder die Behandlung von Athleten mit Hitzschlag zu optimieren. Die globale Erwärmung auf der einen Seite und die wachsende Anzahl der Ausdauersportler auf der anderen Seite werden mit Sicherheit hitzebedingte Krankheiten und deren Prävention in den Vordergrund rücken. Wie der Weltleichtathletikverband mit den Herausforderungen umgeht, wird das Thema des Vortrags von Bermon sein.

Millionen Daten und Künstliche Intelligenz

Die diversen eingesetzten Technologien zur Erhebung relevanter Messwerte für den Sportler erzeugen eine große Menge verschiedenster Daten. Hier treten Professor Dr. Dr. Dieter Leyk, Leiter des Instituts für Präventionsmedizin der Bundeswehr, und Professor Dr. Jarek Krajewski, Geschäftsführer des Düsseldorfer Instituts für experimentelle Psychophysiologie an, um diese Daten zusammenzuführen und auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI) nutzbar für den Breiten- und Gesundheitssport zu machen. Das Institut für Präventionsmedizin der Bundeswehr verfügt etwa über mehr als eine Million Datensätze von Marathonläufern zwischen 20 und 80 Jahren. Erkenntnisse aus diesen Daten können nicht nur neue Einblicke in den Marathonlauf geben, sondern mit Mythen im Gesundheitssport aufräumen. Jarek Krajewski wird unter anderem auf die rechnergestützte automatische Überwachung von psychischen und physischen Gesundheitszuständen basierend auf Audio-Video- und Biosignalen eingehen. 

„Corporate Fitness“ für gesunden Lebensstil

Konkret auf den Gesundheitssport zielt das Thema von Dr. med. David Niederseer, Sportkardiologe der Universität Zürich: Aktives Pendeln zur Arbeit kann im Gegensatz zum inaktiven, „faulen“ Pendeln den Nachteilen eines sitzenden Lebensstils entgegenwirken. Die Fahrtzeit soll sich dabei nicht erheblich verlängern. Dies ist das vorläufige Ergebnis einer Studie, bei der einem Teil der Teilnehmer nahegelegt wurde, abhängig von der Entfernung zum Arbeitsplatz entweder mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrrad, zu Fuß oder einer Kombination davon zu pendeln. Die Teilnehmer in der Kontrollgruppe sollten sich einfach weiter so fortbewegen, wie sie das bis dahin schon taten. Während bei den aktiven Teilnehmern Verbesserungen zum Beispiel der Lebensqualität und der allgemeinen sowie der psychischen Gesundheit gemessen wurde, wurden in der Kontrollgruppe keine signifikanten Veränderungen festgestellt. Am Donnerstagnachmittag, 21. November, wird Dr. Niederseer solche Chancen für einen gesünderen Lebenswandel unter der Überschrift „Corporate Fitness“ bei der MMSC darstellen. 

Cannabis im Sport ist kein No-Go 

Ein heißes Thema ist der Einsatz von Cannabis im Sport. Cannabis steht zwar eindeutig auf der „incompetition“-Dopingliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Während des Wettkampfs dürfen diese Substanzen also nicht eingenommen werden. In der Trainingsphase sind sie hingegen nicht explizit verboten, wenn nicht nationale Regelungen dagegensprechen. In Deutschland ist es Ärzten seit März 2017 lediglich erlaubt, Patienten in begründeten Ausnahmefällen Cannabis auf Rezept zu verschreiben. Eine Sondergenehmigung ist allerdings nicht notwendig. Unter bestimmten Bedingungen könnten die antiinflammatorischen, antikonvulsiven, anxiolytischen und antiemetischen Wirkungen der Droge tatsächlich Sinn im Zusammenhang mit der Regeneration nach intensivem Sport ergeben. Wie der Einsatz von Cannabis in der Erholungsphase genauer aussehen könnte, erläutert Professor Dr. Jeff Konin, Chair of the Department of Physical Therapy, University of Rhode Island, am Donnerstagvormittag, 21. November.