Im aktuellen Referentenentwurf zum Digitale Versorgung-Gesetz (DVG) sieht der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) viele gute Ansätze, um einen zügigen Zugang zu digitalen Lösungen zu gewährleisten. Gleichzeitig schlägt der Verband weitergehende Regelungen vor, etwa zur Unterstützung telemedizinischer Lösungen.
Die Regelung zur Verordnung und Finanzierung digitaler Gesundheitsanwendungen (§ 33a SGB V) bewertet der BVMed positiv. Der niedrigschwellige und patientenfreundliche Ansatz ermögliche, „dass die Lösungen auch tatsächlich Einzug in die Versorgung halten“, so BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll. Der Geltungsbereich der Regelungen im Digitale Versorgung-Gesetz sollte nach Ansicht des Verbandes aber die Medizinprodukte-Klassen I und II a hinaus ausgeweitet werden. Hintergrund: Die EU-Medizinprodukte-Verordnung führt strengere Anforderungen an klinische Bewertungen beziehungsweise klinische Prüfungen von Medizinprodukten und höhere Anforderungen an die technische Dokumentation ein. Dieses hohe Niveau für die Sicherheit und Leistungsfähigkeit der in Verkehr gebrachten Medizinprodukte gelte auch für digitale Medizinprodukte. Deshalb ist es nach Ansicht des Verbandes nicht nachvollziehbar, weshalb der Gesetzgeber sich bei der Neuregelung für digitale Gesundheitsanwendungen allein auf die Klassen I und IIa begrenzen will.
DVG greift nicht
So sei eine Vielzahl der von BVMed-Mitgliedern angebotenen digitalen Gesundheitsanwendungen mit Medizinprodukten aufgrund der Zuordnung der Risikoklassifizierung nach dem Hauptprodukt höheren Klassen zuzuordnen. Davon betroffen sind zum Beispiel Software-Lösungen oder Apps, die Informationen eines anderen Medizinprodukts aufbereiten und so den Arzt oder den Patienten über die Parameter eines Herzschrittmachers oder einer Insulinpumpe informieren. Die App wäre, wie der Herzschrittmacher, der Klasse III zuzuordnen und somit nicht vom Versorgungsanspruch umfasst. Das gilt, obwohl die Funktionen der App „ähnlich einem Tagebuch der Auswertung der Versorgung dienen und geeignet sind, Komplikationen in der Versorgung aufzudecken oder die Compliance des Patienten zu erhöhen“, so der MedTech-Verband in seiner Stellungnahme.
Die bisher geplante Regelung würde also nur digitale Gesundheitsanwendungen erfassen, die der Kontrolle von physiologischen Prozessen dienen, der Kontrolle von vitalen physiologischen Prozessen hingegen nicht. „Faktisch gewährt die geplante Regelung daher nur den Anspruch auf Medizinprodukte mit einfachster digitaler Technologie. Die Möglichkeiten, die digitale Gesundheitsanwendungen zur Verbesserung von Versorgung und Versorgungsprozess bieten, können somit nicht gehoben werden“, begründet der BVMed seinen Vorschlag zur Ausweitung der Regelung.
Übergang in die Regelversorgung ermöglichen
Haben sich digitale Lösungen über Selektivverträge bewährt, sollte nach Ansicht des Verbandes ein Übergang in die Regelversorgung möglich sein. Eine Teilnahme an den Vertragsmodellen der Besonderen Versorgung muss außerdem allen Arztgruppen offenstehen. Dazu zählen beispielsweise auch Klinikärzte, da die Anwendung digitaler Lösungen auch in Kliniken stattfindet. Gleiches gilt ebenfalls für Telekonsile, so der BVMed. Diese Möglichkeit müsse auch stationär genutzt und abgerechnet werden können.
Digitale Versorgung-Gesetz muss alle einbeziehen
Zudem sollten die Versicherten einen zügigen Zugang zu telemedizinischen Versorgungen haben, die im Zusammenhang mit einem Implantat stehen. Dazu müsse der Bewertungsausschuss eine Verfahrensordnung über die Aufnahme in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) erstellen. Diese müsse neue telemedizinische Leistungen regeln, die sich auf die Auswertung der Daten (Telemonitoring) eines im Krankenhaus implantierten Medizinproduktes mit Sendefunktion bezieht.
Bei den Regelungen zur Telematikinfrastruktur und dem eRezept fordert der Verband die Anbindung sonstiger Leistungserbringer wie Hilfsmittel-Leistungserbringer oder Homecare-Unternehmen. „Von besonderer Bedeutung ist die Einbindung der sonstigen Hilfsmittelleistungserbringer in die digitalen Strukturen im Zusammenhang mit der Einbindung der Apotheken in die digitalen Strukturen sowie mit der Einführung der Option einer digitalen Hilfsmittelverordnung“ (eRezept). Wegen der bestehenden Wettbewerbssituation zu den Apotheken, die ebenfalls in der Versorgung mit Hilfsmitteln tätig sind, müssen die Hilfsmittelleistungserbringer zeitgleich in die digitalen Strukturen sowie die sich anschließenden Anwendungen eingebunden werden.