Diesel-Krise verschlimmert Diabetes-Risiko

Angesichts der Diesel-Krise fordert die gemeinnützige Organisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe ein stärkeres Durchgreifen seitens der Bundespolitik. Die Risikofaktoren für die Entstehung eines Diabetes Typ 2 zu senken sei nationales Gesundheitsziel im Bundespräventionsgesetz. Die Gesundheitsförderung und Krankheitsvorbeugung müsse vor wirtschaftlichen Aspekten Vorrang haben.

Jährlich erkranken etwa 500.000 Menschen in Deutschland neu an Diabetes, die meisten an Typ 2. Faktoren wie Vererbung und Übergewicht spielen bei der Entstehung der Stoffwechselerkrankung zwar die Hauptrolle. Seit einigen Jahren werden allerdings auch Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung mit der Entwicklung eines Typ-2-Diabetes in Zusammenhang gebracht. International mehren sich laut diabetesDE die Hinweise, dass Luftschadstoffe das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöhen. Hier fordert die Organisation ein stärkeres Durchgreifen seitens der Bundespolitik.

Feinstaub und Stickstoffoxide im Verdacht

Luftverschmutzung erhöhe nachgewiesenermaßen das Risiko für Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sagt diabetesDE. Feinstaub und Stickstoffoxide stehen seit einiger Zeit in Verdacht, auch das Risiko für Diabetes Typ 2 zu erhöhen. Eng verknüpft mit städtebaulichen Bedingungen sind Luftschadstoffe, die durch Emissionen von Kraftfahrzeugen und der Industrie erzeugt werden. Diese treten vor allem in Ballungsgebieten auf.

„International zeigen vermehrt Studien, dass Luftschadstoffe wie Feinstaub und Stickstoffoxide mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes assoziiert sind“, erläutert Privatdozent Dr. med. Wolfgang Rathmann, Stellvertretender Direktor und Leiter der Arbeitsgruppe Epidemiologie des Instituts für Biometrie und Epidemiologie am Deutschen Diabetes Zentrum Düsseldorf, dem Leibniz-Zentrum für Diabetesforschung. „Untersuchungen für Deutschland untermauern diese Zusammenhänge“, betont der Epidemiologe. In einer großen Studie wiesen Personen mit einem kürzlich diagnostizierten Typ-2-Diabetes im Schnitt höhere Langzeitblutzuckerwerte auf, wenn sie in Regionen mit höherer Feinstaubbelastung (Partikelgröße PM10) wohnten.

Verkehrsintensität beeinflusst Typ-2-Diabetes-Risiko

Eine Kohortenstudie verglich Frauen, die in der hochindustrialisierten Ruhrregion leben, mit Frauen aus ländlichen Gebieten in Nordrhein-Westfalen. Hiernach erhöhte sich das Risiko um 15 Prozent, an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken über einen Zeitraum von 16 Jahren durch verkehrsbedingten Feinstaub und Stickstoffdioxide. Auf Basis von Daten des Bundesgesundheitssurveys und Untersuchungen des Robert-Koch-Instituts (DEGS1) wurde deutschlandweit über einen Zeitraum von 12 Jahren der Einfluss der Verkehrsintensität in der Wohngegend auf das Typ-2-Diabetes-Risiko überprüft. Es stellte sich heraus, dass bereits in mäßig befahrenen Straßen das Risiko für die Entstehung eines Typ-2-Diabetes um 15 Prozent höher war als in verkehrsberuhigten Wohngegenden. Für Menschen, die an extrem befahrenen Straßen lebten, war das Risiko sogar doppelt so hoch. Auch die Auswertung der Daten von knapp 3.000 Teilnehmern der in Augsburg durchgeführten KORA-Studie ergab, dass Menschen, die bereits einen gestörten Glukosestoffwechsel aufweisen („Prädiabetes“, eine Vorstufe des Diabetes), besonders anfällig für die Einflüsse von Luftverschmutzung sind.

Gesundheitsförderung vor Wirtschaftsförderung

„Hohe Luftverschmutzung in Städten hat somit einen größeren Einfluss auf die Diabetes-Neuerkrankungen, als lange Zeit bekannt war“, resümiert Nicole Mattig-Fabian, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und ergänzt: „Die Senkung der Risikofaktoren für die Entstehung eines Diabtes Typ 2 ist nationales Gesundheitsziel im Bundespräventionsgesetz. Daher sollten Aspekte der Gesundheitsförderung und Krankheitsvorbeugung vorrangig sein vor wirtschaftlichen Aspekten für politische Maßnahmen zur Eindämmung der Diesel-Krise.“ Schon jetzt leiden 6,7 Millionen Menschen in Deutschland an Diabetes und täglich kommen laut diabetesDE circa 1.400 Neuerkrankte hinzu.