Deutsche bereit zur Datenspende

Die meisten Menschen in Deutschland würden ihre Gesundheitsdaten ohne finanzielle Gegenleistung für die medizinische Forschung zur Verfügung stellen. Das gilt allerdings nur, wenn die digitalen Informationen anonymisiert werden.

79 Prozent der Deutschen sind dazu bereit, ihre Gesundheitsdaten anonym und unentgeltlich digital für die medizinische Forschung zu spenden. Die Mehrheit würde die Daten zeitlich unbegrenzt zur Verfügung stellen, knapp drei Viertel (73 Prozent) mindestens für die nächsten fünf Jahre. Das zeigt eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF). Die Ergebnisse wurden jetzt bei einem Workshop der Medizininformatik-Initiative (MII) in Berlin vorgestellt. Rund 150 Expertinnen und Experten aus den Bereichen Ethik, Recht, Forschung sowie von Patientenorganisationen diskutierten über die Rolle von Patientinnen und Patienten bei der medizinischen Forschung.

(Grafik: TMF e.V.)
 
(Grafik: TMF e.V.)

Vertrauen fördern

„Die Bereitschaft der Menschen, mit Hilfe ihrer Gesundheitsdaten zur früheren Erkennung und besseren Behandlung von Krankheiten beizutragen, ist erfreulich groß“, so Sebastian C. Semler, Geschäftsführer der TMF anlässlich der Vorstellung der Umfrageergebnisse. Nun sei es die Aufgabe der Forschenden gemeinsam mit der Politik zügig die rechtssichere und vertrauenswürdige Umgebung für eine solche Forschungsdatenspende bereitzustellen. Das könne nur im Dialog mit den Patientinnen und Patienten gelingen.

Patientenorientierung sollte auch im Bereich der Digitalisierung vorangetrieben werden, so Prof. Dr. Claudia Schmidtke. Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten hat die Schirmherrschaft des Workshops übernommen.  „Digitalisierung und vernetzte Gesundheitsdaten werden enorme Vorteile für die Patientenversorgung, für die Gesundheitsforschung und unser Gesundheitssystem insgesamt haben. Die Medizininformatik-Initiative ist ein zentraler Baustein der Digitalisierung unseres Gesundheitswesens. Ich freue mich daher, dass die Medizininformatik-Initiative mit dem heutigen Workshop aktiv den Dialog mit den Vertreterinnen und Vertretern der Patientenorganisationen über das konkrete ‚Wie‘ eines Patienteneinbezugs in die Forschung mit Gesundheitsdaten sucht.“

Ziel müsse es sein, Patientinnen und Patienten, die sich dafür entscheiden, ihre Daten der Forschung zur Verfügung zu stellen, transparente Informationen an die Hand zu geben, die sie in die Lage versetzen, eine gut informierte und selbstbestimmte Entscheidung zu treffen, ob sie einer Datenspende zustimmen wollen oder nicht.

Transparenz und Kompetenz

Für Transparenz setzt sich Hannelore Loskill, Bundesvorsitzende der BAG Selbsthilfe, ein. Patientinnen und Patienten hätten ein großes und berechtigtes Interesse zu wissen, welche Forschungsvorhaben stattfinden und welche Ergebnisse erzielt werden. Voraussetzungen für eine stärkere Beteiligung von Patientenorganisationen seien jedoch ausreichend vorhandene Mittel, Deliberation und Kompetenzen, so Prof. Dr. Silke Schicktanz, Universitätsmedizin Göttingen. Sie hat in qualitativen Interviews mit 28 Patientenorganisationen deren Erwartungen und Wünsche an Patientenpartizipation erhoben.

Rechtskonforme Grundlage schaffen

Aus ethischer und rechtlicher Perspektive besteht bei der „Datenspende“ noch eine Menge Klärungsbedarf. Prof. Dr. iur. Steffen Augsberg vom Deutschen Ethikrat und Prof. Dr. med. Dr. iur. Christian Dierks von Dierks+Company beleuchteten die beiden Aspekte. Der Begriff sei gegenwärtig juristisch unscharf und gesetzlich komplex. Hier sei der Gesetzgeber gefordert, eine entsprechende europarechtskonforme Grundlage zu schaffen, betonen die Experten.

Saara Malkamäki, The Finnish Innovation Fund Sitra, stellte das in diesem Jahr verabschiedete Secondary-Use-Gesetz in Finnland sowie FINDATA vor. Dabei handelt es sich um eine One-Stop-Agency für den Forschungszugang zu Sozial- und Gesundheitsdaten. Europa ist ihrer Einschätzung nach im Wettbewerb mit den USA und Asien gefordert, einen eigenen Forschungsdatenraum zu schaffen, der auf dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger basieren muss.