Wie sich bei einer MRT-Untersuchung an der Wirbelsäule durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz genauere Befunde der erstellen lassen, erforscht ein Team an der Unimedizin Rostock. Die Ergebnisse sind vielversprechend.
Pro Jahr unterziehen sich allein in Deutschland über drei Millionen Patienten einer Untersuchung ihrer Wirbelsäule in einem MRT-Gerät (Magnetresonanztomograph). Pro Person entstehen dabei Hunderte von Bildern, die von den RadiologInnen ausgewertet werden. Dieser Vorgang ist langwierig und setzt voraus, dass die ÄrtzInnen über große Erfahrungen verfügen. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) könnte hier unterstützen. Eine Vorabauswertung kann innerhalb von wenigen Sekunden erfolgen und die radiologische Diagnostik verbessern. Prof. Marc-André Weber, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Kinder- und Neuroradiologie an der Unimedizin Rostock und Partner des Zentrums für künstliche Intelligenz in MV, erforscht mit seinem Team den Einsatz eines intelligenten Unterstützungssystems. Ziel ist die Erstellung genauerer Befunde der Wirbelsäule.
Vorarbeit in Sekundenschnelle
„Wir haben die anonymisierten Datensätze von ca. 10.000 Wirbelsäulen-MRT-Bildern in eine Software eingepflegt. Sie bilden einen Durchschnittswert“, sagt Weber. „Die nach einer Untersuchung neu eingespielten Bilder werden in Sekundenschnelle mit allen anderen Bildern abgeglichen und Abweichungen vom Durchschnitt markiert.“ Durch diese „Vorarbeit“ der KI sehen die diagnostizierenden ÄrztInnen direkt, wo sie genauer hinschauen müssen. Die Forschenden sind mit ihren Ergebnisse zufrieden und rechnen mit einem klinischen Einsatz im nächsten Jahr.
Anomalien im Gehirn aufspüren
An einem ähnlichen Projekt forschen Prof. Stefan Teipel und Dr. Martin Dyrba an der Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin an der Unimedizin Rostock und dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen. „Wir beschäftigen uns mit der klinischen Demenzforschung und arbeiten dabei auch mit MRT-basierten bildgebenden Diagnoseverfahren. Die Datenprüfung dieser 3D-Bilder vom Gehirn erfordert einen hohen Arbeitsaufwand und viel Erfahrung“, so Teipel. Eine von Dybra entwickelte App hilft dabei, die Diagnosesicherheit zu verbessern. Diese App nutzt künstliche neuronale Netze zur automatischen Auswertung der Aufnahmen. Spürt sie Anomalien im Gehirn auf, dann werden diese direkt markiert. Der Wissenschaftler konnte bereits nachweisen, dass die App die bei Alzheimer typischen anatomischen Veränderungen richtig erkennt. Nun soll sie für andere diagnostische Fragestellungen erweitert werden.
Der Mensch als limitierender Faktor
Damit KI die MRT- oder CT-Bilder optimal auswerten kann, sind hochwertige Aufnahmen die Voraussetzung. Aus diesem Grund hat die Unimedizin Rostock Forschungsverträge mit großen Geräteherstellern geschlossen und bindet lokale Unternehmen wie Planet AI in die Forschungsprojekte zum Einsatz künstlicher Intelligenz ein. Weber verweist darauf, dass der Mensch der limitierende Faktor ist, wenn es um eine deutliche Verbesserung der Diagnostik geht. „Intelligente Algorithmen unterstützen den Arzt dabei, aus den vielfältigen Patientendaten eine möglichst genaue Diagnose zu erstellen.“
Elektronische Patientenakte wichtig
Die elektronische Patientenakte ist nach Ansicht des Experten die Grundlage für eine bestmögliche ärztliche Behandlung und den Einsatz von KI: „Wenn ein Patient zu einer radiologischen Untersuchung kommt, weiß ich oft nicht viel über seinen sonstigen Gesundheitszustand und bin auf die individuellen Aussagen des Patienten angewiesen.“ Hier sieht Weber ein deutliches Verbesserungspotential für die medizinische Versorgung zum Wohl der Menschen. Weber ist davon überzeugt: „Nur eine personalisierte Medizin ermöglicht die richtige Therapie zum richtigen Zeitpunkt für den richtigen Menschen.“