Auf dem 49. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) diskutieren Experten unter anderem über digitale Monitoring-Technologien, Apps und Wearables. Neben Chancen und Grenzen neuer Technologien soll beleuchtet werden, wie Menschen mit Rheuma bereits heute von technischen Neuerungen profitieren können.
In der Corona-Pandemie hat sich insbesondere die Videosprechstunde als beliebtes Tool erwiesen: Sie scheint gerade für chronisch erkrankte Patienten gut geeignet zu sein, um mit Ärztin oder Arzt in regelmäßigem Kontakt zu bleiben. Hinsichtlich Rheumapatienten dokumentieren aktuelle Befragungen jedoch, dass längst nicht alle von den technischen Errungenschaften profitieren.
Weniger Präsenz-Termine Videosprechstunde
Menschen mit rheumatischen Erkrankungen müssen ihren Gesundheitsstatus, ihre Medikation sowie deren Wirkung regelmäßig überprüfen und dazu meist einen Rheumatologen konsultieren. Aus Sorge vor einer Ansteckung mit COVID-19 haben viele Patienten während der Pandemie verstärkt digitale Gesundheitsanwendungen genutzt, beispielsweise Videosprechstunden zur Verlaufskontrolle. Das bestätigte die Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) in einem Positionspapier im Oktober 2020: Man sehe eine massive Entwicklung im Bereich der digitalen Kommunikation durch die Pandemie – knapp ein Fünftel aller Ärzte böten inzwischen ihren Patienten neue Kommunikationsformen an.
Videosprechstunde nicht immer beste Lösung
Eine aktuelle Praxisanalyse aus Herne zeigt nun ein weiter ausdifferenziertes Bild: Von 232 befragten Rheumapatienten sahen sich 166 technisch in der Lage, an einer Videosprechstunde teilzunehmen, 131 davon wären grundsätzlich auch bereit dazu gewesen. Die betreuenden Ärzte hielten aber nur für 76 der Patienten eine Betreuung in der Videosprechstunde für sinnvoll. „Nicht alle Menschen mit Rheuma können per Videosprechstunde adäquat begleitet werden, so wurden vermehrt Patienten mit besonders schlechtem Gesundheitszustand durch die Ärzte ausgeschlossen. Und nicht alle sind technisch in der Lage dazu, eine Videosprechstunde durchzuführen. Wenn aber die Rahmenbedingungen stimmen, kann das eine große Entlastung für den Patienten bedeuten“, sagt Dr. med. Martin Krusche, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Junge Rheumatologie (AGJR rheumadocs) und Oberarzt am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Die „App auf Rezept“ bei Begleiterkrankungen
Neben der Videosprechstunde rücken auch digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) und die Nutzung von elektronischen Monitoring-Technologien, den Wearables, sowohl für das Krankheitsmonitoring als auch für die Therapie immer mehr in den Fokus. Durch die Erstattungsfähigkeit der DiGAs mittels „App auf Rezept“ drängen verschiedene Anbieter auf den Markt. So haben seit dem letzten Jahr 20 Gesundheits-Apps eine Zulassung in Deutschland erhalten.
„Auch wenn es aktuell noch keine erstattungsfähige rheumaspezifische App gibt, ist das Interesse an solchen Lösungen und die Nutzungsbereitschaft von Gesundheits-Apps unter Rheumapatienten sehr hoch“, so Krusche. Neben reinen „Rheuma-Apps“ adressieren einige der schon zugelassenen DiGAs Begleiterkrankungen wie Depression oder Diabetes mellitus. „Da Rheuma oft mit diesen und weiteren Begleiterkrankungen einhergeht, können die Patientinnen und Patienten auch hier schon großen Nutzen aus den Entwicklungen ziehen.“
Krankheitsschübe mit der Smartwatch erkennen
Neben dem Einsatz von Apps könnten künftig auch Wearables für die Überwachung des individuellen Krankheitsverlaufs eine größere Rolle spielen. So belegen Studiendaten, dass bei Patienten mit rheumatoider Arthritis oder Spondyloarthritis, die mittels Smartwatch ihre Symptome überwachen und an den behandelnden Arzt weitergeben, mit sehr hoher Genauigkeit das Vorliegen eines Krankheitsschubes anhand der ermittelten, digitalen Daten zu erkennen war. Die Möglichkeit durch passive digitale Datenerfassung Krankheitsverläufe besser zu überwachen und zu verstehen, sind teilweise schon vorhanden und könnten künftig auch für Therapieentscheidungen ergänzend zu Rate gezogen werden.
„Digitale Anwendungen können und werden die Behandlung von Menschen mit Rheuma in Zukunft zunehmend sinnvoll ergänzen“, erklärt Professor Dr. med. Georg Schett, Kongresspräsident seitens der DGRh, Direktor der Medizinischen Klinik 3, Rheumatologie und Immunologie am Universitätsklinikum Erlangen. Dennoch seien Ärzte und Patienten auf einen intensiven und auch persönlichen Austausch angewiesen, um eine optimale Behandlung zu gewährleisten – das gelte auch weiterhin.
49. Kongress der DGRh, 35. Jahrestagung der DGORh, Wissenschaftlichen Herbsttagung der GKJR, 15. bis 18. September 2021, (virtuell) Link: https://www.dgrh-kongress.de