Einer Umfrage des Hartmannbundes zufolge sehen 62 Prozent der Mediziner und Medizinstudenten eine Aufhebung des Fernbehandlungsverbots skeptisch. Ein Antrag des Bundesärztekammer -Vorstandes sieht vor, dass der Deutsche Ärztetag im Mai 2018 die Möglichkeiten zur Behandlung mittels Telemedizin weiter lockert.
Der Plan im Kern: Ärzte sollen Patienten künftig auch dann online behandeln können, wenn sie diese vorher noch nicht persönlich gesehen haben. Ob das verantwortbar ist, liegt jeweils in der Beurteilung des behandelnden Arztes.
Deutliche Mehrheit ist skeptisch
Als einen „deutlichen Fingerzeig“ bezeichnet der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Berufsverbands zum Thema Aufhebung des Fernbehandlungsverbots. 62 Prozent der über 3.800 Befragten (Praxisärzte, Klinikärzte, Medizinstudenten) sehen das skeptisch, 38 Prozent stimmten mit „ja“. Der Hartmannbund zählt nach eigenen Angaben rund 70.000 Mitglieder, die in 17 Landesverbänden organisiert sind.
Digitalisierung-Befürworter sollen Einwände diskutieren
„Das Ergebnis zeigt – vor allem auch mit Blick auf zahlreiche Kommentierungen der Teilnehmer – dass es nicht nur zum Thema Digitalisierung im Allgemeinen, sondern offenbar ganz konkret auch zur Online-Behandlung noch ein hohes Maß an Diskussions- und Aufklärungsbedarf gibt“, sagte Reinhardt. Gerade diejenigen, die an die Chancen der Digitalisierung glauben und an die Unvermeidlichkeit, sich dieser Entwicklung aktiv zu stellen, müssten alle Anstrengungen unternehmen, sich mit berechtigten Einwänden und Bedenken der Kollegen auseinanderzusetzen. Dies dürfe angesichts der Dynamik der Entwicklung allerdings nicht auf die lange Bank geschoben werden, wollten Ärzte Mitgestalter sein und nicht Getriebene. „Die Politik sitzt uns im Nacken“, sagte Reinhardt – nicht zuletzt mit Hinweis auf entsprechende Ankündigungen von Gesundheitsminister Jens Spahn. Der neue Minister fordert beim Thema Online-Behandlung mehr Dynamik.
Fundierte Entscheidung zu Telemedizin
Reinhardt weiter: „Wir werden deshalb diese Ergebnisse mitnehmen in unsere Verbandsgremien, aber auch in den Vorstand der Bundesärztekammer. Wir müssen die Zeit bis zum Deutschen Ärztetag intensiv nutzen, um die Kolleginnen und Kollegen so umfangreich und detailliert zu informieren, dass sie in Erfurt eine in jeder Hinsicht fundierte Entscheidung treffen können.“
Es dürfe der Ärzteschaft auf keinen Fall noch einmal so ergehen wie bei der Entscheidung über den Physician Assistant: „Hier gab es auf dem Ärztetag in Freiburg eine breite Mehrheit, die inhaltliche Diskussion über das Thema wurde aber erst im Nachgang richtig geführt. Daraus sollten wir lernen.“