Subventionierung der Telematikinfrastruktur ist unnötig

Der Einstieg in die Telematikinfrastruktur ist für niedergelassene Ärzte mit Investitionen verbunden. Das aktuelle Feilschen um eine – möglichst großzügige – Refinanzierung offenbart ein Grundproblem am deutschen Gesundheitswesen. Ein Kommentar.

Zwar sind sich Politiker, Krankenkassen und Kassenärztliche wie auch Kassenzahnärztliche Vereinigungen weitgehend einig darüber, dass die Einführung einer modernen Telematikinfrastruktur in Deutschland in vielerlei Hinsicht überaus sinnvoll ist. Doch natürlich erfordert die Digitalisierung im Gesundheitsbereich auch Investitionen. Unter anderem benötigen Ärzte für das zunächst anstehende Versichertenstammdaten-Update und für andere Online-Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) einen Konnektor für die Verbindung mit dem Datennetz, außerdem einen neuen Kartenleser. Das kostet Geld. Unter dem Strich dürften – je nach vorhandener Praxis-Infrastruktur – Kosten im dreistelligen, teilweise auch im überschaubaren, vierstelligen Bereich anfallen.

Folker Lück
Folker Lück ist Journalist und Mitbegründer des Portals mednic.de (Foto: Annette Etges)

Diese Kosten braucht kein niedergelassener Arzt alleine schultern – die Zahnärzte gehen hier mit schlechtem Beispiel voran: Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und der GKV-Spitzenverband haben sich hier bereits auf ein (vorläufiges) Finanzierungsmodell geeinigt, das relativ großzügig ausfällt: Für den Konnektor bei Zahnärzten wird vorläufig eine Refinanzierungssumme von 1.000 Euro angenommen, für das stationäre Kartenterminal 370 Euro. Pauschalen für mobile Terminals sind vorgesehen, aber noch nicht beziffert. Die Kosten des elektronischen Heilberufsausweises werden den Zahnärzten zur Hälfte erstattet, und zwar als „kumulierte Betriebskostenpauschale jeweils zu Beginn der Laufzeit“ der Karte. Für den notwendigen VPN-Zugang gibt es keinen Zuschuss. Wenn jedoch im Zuge der Installation das Praxisinformationssystem länger als 90 Minuten ausfällt, erhalten Zahnmediziner einen Pauschalbetrag von 180 Euro und für jede volle Ausfall-Stunde nochmals 180 Euro.

Mit der Refinanzierung der nötigen Geräte für Humanmediziner beschäftigt sich aktuell das Bundesschiedsamt, nachdem die Verhandlungen zwischen KBV und GKV-Spitzenverband gescheitert waren. Es wird erwartet, dass auch hier eine vergleichbare Lösung ähnlich wie bei den Zahnmedizinern gefunden wird.

Mehr Effizienz nur gegen Geld

Dass hier bislang noch keine Einigung zustande kam und sich jetzt Juristen beim Bundesschiedsamt mit der Sache auseinandersetzen müssen, offenbart ein Grundproblem am deutschen Gesundheitswesen. Die ohnehin schon außerordentlich langwierige Einführung prinzipiell längst vorhandener Technologien, die zu einer Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen mit absoluter Sicherheit beitragen werden, verzögert sich, weil für deren Einführung die Hand aufgehalten wird.

Zwar wird der Eid des Hippokrates in seiner klassischen Form heute nicht mehr von Ärzten geleistet und er hat keine Rechtswirkung. Dennoch sollten sich die Vertreter der Ärztlichen Selbstverwaltung dafür schämen, dass hier durch Gefeilsche fast wie auf einem Basar der bundesweite Rollout der Telematikinfrastruktur eine weitere, zeitaufwändige Hürde nehmen muss. Jedem anderen Freiberufler muss es geradezu absurd erscheinen, dass hier überhaupt über eine üppige Subventionierung gesprochen werden muss. Wer als Anwalt, Steuerberater oder Architekt nicht selbst dafür sorgt, dass er über eine leistungsfähige und zeitgemäße IT-Infrastruktur verfügt, wird früher oder später seine Klienten oder Auftraggeber verlieren. Ausgerechnet dort, wo es nicht „nur“ um das Recht, die Finanzen oder die Behausung, sondern um die Gesundheit der Bürger geht, lähmt eine Mentalität des Handaufhaltens den dringend notwendigen Fortschritt.

Marktgesetze auch für den Gesundheitsmarkt

Ebenso wenig wie für niedergelassene Zahnärzte sollten die erforderlichen IT-Investitionen in der genannten Höhe auch für Allgemeinmediziner und Fachärzte in der Regel keine finanzielle Schwierigkeit darstellen. Wer erfolgreich am Markt partizipieren will, muss auch investieren – und zwar aus eigener Tasche! Der Reinerlös niedergelassener, deutscher Mediziner beträgt im Durchschnitt mindestens 11.000 Euro monatlich, bei diversen Fachrichtungen werden im Schnitt weit mehr als doppelt so hohe Erlöse generiert.

Aus diesem Grunde sollte die Selbstverwaltung bestenfalls über eine Härtefallregelung beispielsweise für neu niedergelassene Ärzte verhandeln, die aufgrund nachgewiesener, hoher Anfangsinvestitionen stark belastet sind. Jede weitere Subventionierung der Telematikinfrastruktur erscheint in einem Gesundheitswesen, das vorgibt, stets das Wohl des Patienten im Blick zu haben, unnötig und bei Topverdienern absolut indiskutabel.