Siemens Healthineers: Digitalisierung endet nie

iemens Healthineers CIO Dr. Stefan Henkel
Siemens Healthineers CIO Dr. Stefan Henkel: „Transformation ist nichts, was man geschenkt bekommt.“ (Foto: Siemens Healthineers)

Im Interview erläutert Siemens Healthineers CIO Dr. Stefan Henkel, wie das interne Change-Programm umgesetzt wurde und welche weiteren Schritte geplant sind. Der CIO räumt Rückschläge ein und verdeutlicht, dass der Transformationsprozess längst nicht beendet ist.

Seit Dezember 2017 ist Siemens Healthineers die Muttergesellschaft, unter der die Tochtergesellschaften für die medizintechnischen Aktivitäten der Siemens AG zusammengefasst sind. Für den in sechs Geschäftsbereiche unterteilten Medizintechnik-Hersteller ist das Thema Digitalisierung von größter Bedeutung. Das gilt etwa für Angebote wie die Gesundheitsplattform Teamplay Digital Health Platform Connect, deren Erweiterung Siemens Healthineers zuletzt im Rahmen der Fachmesse DMEA ankündigte.

Doch auch intern hat der weltweit rund 54.000 Mitarbeitende zählende Konzern das Thema Digitalisierung hoch aufgehängt. „Digital Together“ heißt das Change-Programm, mit dem Siemens Healthineers in der jüngsten Vergangenheit komplett digitalisiert wurde. Gemeint ist damit nicht nur die Integration einer neuen IT-Infrastruktur. Zentrales Ziel war es auch, die Mitarbeitenden zu gewinnen und sie dazu zu bewegen, teil langjährige Gewohnheiten zu verändern.

Change Management kommt vor neuen Technologien

Dass Change Management eine ganz zentrale Aufgabe des Digitalisierungsprojekts bei Siemens Healthineers war und weiterhin ist, verdeutlicht Chief Information Officer (CIO) Dr. Stefan Henkel. „2018 habe ich dem Vorstand unser Projekt vorgestellt und versprochen, dass wir 2021 fertig sind. Heute würde ich nicht mehr sagen, dass die Transformation jemals fertig ist! Zum einen, weil sich die Technologie immer weiterentwickelt. Das ist ein permanenter Rückenwind, der die Notwendigkeit zur Transformation immer wieder entfacht. Und dabei gilt es, die Kolleginnen und Kollegen mitzunehmen, damit wir die Technologie gewinnbringend nutzen können.“

Planung in in Drei-Jahres-Zyklen

Henkel macht klar, wie der Transformationsprozess bei dem fränkischen Weltkonzern weitergeht. „Wir planen in Drei-Jahres-Zyklen, in denen wir einen gewissen Zielzustand erreicht haben wollen. Die Reise dahin ergibt sich quasi Jahr für Jahr, indem wir uns Themen vorgeben. Diese Offenheit muss man in der heutigen Zeit haben. Deswegen ist eine gemeinsame Vision, die uns vorantreibt, so wichtig. Bei uns ist das ‚Digitalize the Core‘ mit vier strategischen Handlungsfeldern. In denen setzen wir immer wieder konkrete Programme um. Etwa, wie wir die Technologie rund um den Arbeitsplatz zur Kollaboration nutzen, unser Risiko in Sachen Cybersecurity senken oder Geschäftsprozesse und -applikationen digitalisieren. Diese Reise geht einfach immer weiter.“

Den Transformationsprzess im Unternehmen ging die IT gemeinsam mit den Bereichen Human Ressources und der Kommunikationsabteilung an. Henkel: „Wir haben die digitale Transformation nicht als losgelöste IT-Aktivität betrachtet, sondern mit unserer Kultur verbunden – den Prinzipien, nach denen wir bei Siemens Healthineers arbeiten möchten.“ Digitale Tools sollen dazu beitragen, schneller zu interagieren, auf Qualitätsprobleme zu reagieren oder transparent miteinander umzugehen. 

Kultureller Wandel ist unerlässlich

In einem Unternehmen, dessen Geschichte bis ins Jahr 1847 zurückreicht, liegt es auf der Hand, dass auch intern Traditionen gepflegt werden und ein Wandel nicht immer spontan auf Zustimmung stößt. Aus Sicht von Henkel ist es aber in den letzten Jahren gelungen, hier einen Evolutionsprozess in Gang zu bringen: „Das gemeinsame, fachübergreifende Arbeiten und die Lust am Ausprobieren haben deutlich zugenommen, ebenso wie das Dezentralisieren von Entscheidungen und damit von Verantwortung.“ 

Man kommuniziere heute offener und hierarchieloser, es gebe mehr Feedback. „Früher waren Organisationsänderungen ein Riesenthema mit vielen Unsicherheiten. Heute werden sie als normale Anpassung im Rahmen unserer Transformation betrachtet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lassen sich auf die Reise ein und vertrauen darauf, dass sie mitgestalten können und ihnen nichts aufgezwungen wird“, ist Henkel überzeugt.

„Eigene Lernkurve durchlaufen“

Völlig reibungslos verlief der eingeleitete Änderungsprozess aber auch bei Siemens Healthineers nicht, räumt Henkel ein: „Wir haben auch unsere eigene Lernkurve durchlaufen. Bei einigen ist es zu Überlastungen gekommen und dadurch zu negativen Assoziationen. Das hatten wir zunächst nicht genug im Fokus gehabt. Um die Einarbeitung in das Neue zu erleichtern, haben wir dann eine Digital Together University gegründet mit Lern-Videos von Kollegen für Kollegen. Aber auch das erforderte natürlich ein erhöhtes Engagement. Transformation ist nichts, was man geschenkt bekommt.“

Um Transformationsprojekte im Unternehmen erfolgreich umsetzen, sei es unerlässlich, dass Führungskräfte die modernisierte Form der Zusammenarbeit vorleben und ihren Teams Freiräume geben. „Es ist wichtig, die Veränderung von einer größeren Ratio abzuleiten als aus dem Gedanken an Effizienz und Profit“, so das Fazit von Henkel.