Medizintechnik-Standort Deutschland unter Druck

BVMed-Vorstandsvorsitzender Dr. Meinrad Lugan: Der Medizintechnik-Standort Europa ist stark gefährdet. Foto: BVMed
BVMed-Vorstandsvorsitzender Dr. Meinrad Lugan: Der Medizintechnik-Standort Europa ist stark gefährdet. Foto: BVMed

Der Medizintechnik-Standort Deutschland steht unter erheblichem Druck. Das Innovationsklima ist nach dem BVMed-Index auf einem Tiefstand, konstatiert der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) und fordert eine Strategie zur Verbesserung der Rahmenbedingungen.

Die Herbstumfrage des BVMed stimmt nicht optimistisch. Zwar verzeichnet die MedTech-Branche verzeichnet Umsatzplus von 4,8 Prozent gegenüber dem Krisenjahr 2022, dem stehen jedoch stark gestiegene Personal-, Logistik-, Rohstoff- und Energiekosten sowie die hohen Kosten für die Umsetzung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) gegenüber. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die 93 Prozent der Branche ausmachen und Innovationstreiber sind, leiden darunter.

Investitionsbereitschaft schwindet

Aktuell verzeichnet der Verband einen Rückgang der Investitionen am Standort Deutschland zurück, Forschungsinvestitionen werden zunehmend ins Ausland verlagert. Das Innovationsklima ist nach dem BVMed-Index auf einem Tiefstand. „Das müssen wir mit standortfreundlicheren Rahmenbedingungen verändern. Dafür brauchen wir ganzheitliche Ansätze – eine MedTech-Strategie 2030 zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in Deutschland mit Handlungskonzepten für den Forschungs- und Produktionsstandort“, so der BVMed-Vorstandsvorsitzende Dr. Meinrad Lugan.

Die Medizintechnik-Branche beschäftigt in Deutschland über 250.000 Menschen und investiert rund 9 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Der Gesamtumsatz der Branche liegt bei über 38 Milliarden Euro, die Exportquote bei 67 Prozent. 

Medizintechnik-Standort Europa gefährdet

Noch sei Deutschland ist bei Medizintechnologien Weltspitze. Doch der Medizintechnik-Standort Europa sei stark gefährdet. Das liegt laut Lugan vor allem an hausgemachten Problemen wie der handwerklich schlecht gemachten MDR, die Innovationen ausbremst, einer überbordenden Bürokratisierung und Regulierungswut, einer schleppenden und mangelnden Datennutzung sowie einer unzureichenden Wahrnehmung und Unterstützung des Mittelstandes als das Herzstück der deutschen Wirtschaft.

Die MedTech-Strategie sollte aus einem Guss sein. Dazu gehört nach Ansicht des BVMed-Vorsitzenden: 

•          Eine wettbewerbsfähige Regulatorik. Der Verband hat dazu ein ausführliches Whitepaper zur MDR-Weiterentwicklung vorgelegt. Zu den Forderungen der Branche gehört allen voran die Abschaffung der Re-Zertifizierung alle fünf Jahre. 

•          Eine Entbürokratisierungs-Offensive, die konsequent Überregulierungen abbaut und in Berlin und Brüssel für standortfreundliche Regulierungen kämpft. Um unseren Mittelstand als Innovationstreiber zu stützen, nicht zu ersticken. 

•          Ein besserer Datenzugang und ein Antragsrecht beim Forschungsdatenzentrum für Medizinprodukte-Unternehmen. 

•          Die Stärkung der Resilienz des deutschen Gesundheitssystems und der Lieferketten. Dazu gehört eine bessere Einbeziehung der MedTech-Branche in die Erarbeitung von Lösungen, denn Resilienz erfordert eine enge Kooperation von Politik und Industrie.