Medikamente aus dem 3D-Drucker

3D-Druckkopf mit der speziell entwickelten Schmelzextrusionseinheit zur Herstellung von Tabletten in Klein- und Kleinstchargen. (Foto: TH Köln)

Personalisierte Medizin gewinnt an Bedeutung. Die im Rahmen solcher Behandlungen individuell auf die Patientenbedürfnisse zugeschnittenen Medikamente könnten bald aus dem 3D-Drucker kommen.

Exakt auf die Bedürfnisse einzelner Patienten abgestimmte Medikamente haben eine erhöhte Wirksamkeit und geringere Nebenwirkungen. Daher suchen Forscher nach neuen Methoden, Tabletten in kleinen Mengen effektiv herzustellen. Die TH Köln und die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) erforschen in einem im Sommer 2019 gestarteten gemeinsamen Projekt die Möglichkeiten des 3D-Drucks in der pharmazeutischen Produktion. Im Fokus stehen Arzneimittel unterschiedlicher Dosis für individualisierte Kleinst- und Kleinchargen.

Basis des Projekts sind ein pharmazeutischer Schmelzextruder, in dem die Ausgangssubstanzen für die Medikamente vermischt und aufgeschmolzen werden, und ein neu zu entwickelndes Drucksystem für die Herstellung oraler Darreichungsformen wie zum Beispiel Tabletten. Im Extruder werden pharmazeutische Wirkstoffe unter anderem mit bioresorbierbaren Polymeren verarbeitet und aufgeschmolzen. Dabei handelt es sich um vom Körper abbaubare Kunststoffe. 

„Unser Augenmerk liegt darauf, ein absolut homogenes Gemisch herzustellen, das den Qualitätsstandards der Arzneimittelherstellung entspricht und jederzeit reproduzierbar ist. Insbesondere die Produktion von Medikamenten mit sehr geringer Wirkstoffdosierung ist dabei die Herausforderung“, sagt Dr. Julian Quodbach vom Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der HHU. Es ist für die Entwicklung und Erforschung der Wirkstoff-Polymermischungen zuständig.

Aufwendiger Prozess

Das Drucksystem, das am Labor für Fertigungssysteme der TH Köln entwickelt wird, ist direkt an den Extrusionsprozess angegliedert. Es soll rund 100 Tabletten pro Stunde produzieren. „Wenn der Extruder einmal optimal eingestellt ist, muss er dauerhaft fördern und kontinuierlich Material liefern, um die Qualität und Gleichförmigkeit der Tabletten zu garantieren“, erklärt Tilmann Spitz von der TH Köln. Das Drucksystem hingegen arbeite diskontinuierlich und müsse prozessbedingt kurze Pausen einlegen, damit die einzelnen Darreichungsformen nicht durch Stränge verbunden seien und kein Material vergeudet werde. Die Forscher wollen deshalb ein Puffersystem entwickeln, in dem das Material für eine gewisse Zeit bei Schmelztemperatur gespeichert und wieder abgegeben werden kann. 

Größere Materialvielfalt durch 3D-Druck

Im herkömmlichen 3D-Druck wird die Polymer-Wirkstoffmasse nach dem Verlassen des Extruders zu langen Kunststoffsträngen verarbeitet. Diese so genannten Filamente werden dann in einem 3D-Drucker ein zweites Mal aufgeschmolzen und gedruckt. „Da wir den Druckkopf direkt hinter dem Extruder platzieren, sparen wir das Zwischenprodukt. Die Polymere müssen nur einmal aufgeschmolzen werden, was besonders für hitzeempfindliche Wirkstoffe gut ist“, so Spitz.

Mehr Möglichkeiten

Durch die Technologie könnte bald größere Bandbreite an Polymer-Wirkstoffkombinationen und sogar Wachse oder Lipide verarbeitet werden können, hoffen die Forscher. „Es gibt eine Reihe von Polymeren, die dabei helfen, schwer lösliche Wirkstoffe besser in den Körper aufnehmen zu können. Diese möchten wir gerne verarbeiten.“, so Quodbach. Wachse und Lipide zeigen laut dem Forscher andere interessante Effekte, lassen sich aber nicht zu 3D-druckbaren Filamenten verarbeiten. Mit dieser neuen Technologie könnten bald vielleicht auch diese vielversprechenden Substanzen für den pharmazeutischen 3D-Druck zugänglich gemacht werden.