Rund zwei Jahre nach der von Übernahme durch Atos will der Unified Communications und Collaboration (UCC)-Spezialist Unify im Jahr 2018 kräftig durchstarten. Mednic.de sprach mit Dr. Andreas Brielmaier, Vice President Vertical Solutions – Healthcare bei Unify Deutschland, über aktuelle Entwicklungen, die bewegte Vergangenheit des Unternehmens und über Innovationsbremsen im Gesundheitsbereich.
Mednic.de: Was sind derzeit die am stärksten nachgefragten Lösungen, die Unify für den Gesundheitsbereich anbietet?
Dr. Andreas Brielmaier: Mit unseren Open Scape Kommunikationssystemen, heute meist um die Point-of-Care Lösung Health Station HiMed ergänzt, bieten wir eine zuverlässige Kommunikationsplattform für das Gesundheitswesen, die über eine inzwischen 25-jährige Historie im Krankenhaus-Segment verfügt. Eng damit in Zusammenhang stehen zahlreiche, branchenspezifische Lösungen wie beispielsweise Patientenentertainment, Alarmserver, oder Smart Devices für multimediale Kommunikation und Alarmierung. Ich möchte auch erwähnen, dass Unify ja selbst seine Wurzeln im Siemens-Konzern hat und daher von langjähriger Erfahrung mit Technologien für das Gesundheitswesen profitiert.
Mednic.de: Welches Anwenderspektrum deckt Unify mit seinen Lösungen ab?
Dr. Andreas Brielmaier: Über Vertriebspartner adressieren wir auch kleinere Einrichtungen wie z.B. Arztpraxen. Unser Fokus liegt allerdings im klinischen Mid-Market-Segment und bei Großkliniken. Unsere Kunden sind in erster Linie daran interessiert, die Effizienz bei ihren täglichen Abläufen weiter zu verbessern. Sie erwarten einen wirtschaftlichen und einen qualitativen Nutzen. Neue Technik soll möglichst störungsfrei und ohne eine Unterbrechung täglicher Abläufe integriert werden. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Einführung der allerneusten technischen Innovationen bei den meisten unserer Kunden im Klinikbereich nicht im Vordergrund steht. Vielmehr stehen für die meisten Krankenhäuser – gerade angesichts vielfach lebenskritischer Prozesse – Sicherheit und Zuverlässigkeit an erster Stelle.
Mednic.de: Unify hat in der letzten Dekade mehrere Eigentümerwechsel hinter sich. Sind Sie dadurch bei Kunden nicht häufiger mit der Frage konfrontiert, wie zukunftssicher ihre beabsichtigte Investition ist?
Dr. Andreas Brielmaier: Man kann durchaus von einer bewegten Historie sprechen. Unsere Kunden sehen allerdings auch, dass die Betreuungsqualität durch unser Unternehmen kontinuierlich hoch ist. Wir setzen unseren Fokus ganz klar auf Zuverlässigkeit, und bei unserem neuen Mutterkonzern Atos stellt der Gesundheitsbereich seit Jahren eine ganz wichtige Unternehmenssäule dar. Hier gibt es zahlreiche Lösungen, die sich mit unserem Portfolio gut ergänzen. Auf der letzten Medica in Düsseldorf konnten wir den Messebesuchern schon zahlreiche Szenarien demonstrieren, bei denen zum Beispiel die Security-Lösungen von Atos sich mit den Kommunikationstechnologien von Unify ganz hervorragend ergänzen.
Mednic.de: Mednic.de: Lassen sich die Unify-Lösungen mit anderen Software- oder Medizintechniklösungen im Klinikbereich verknüpfen? Ich denke hier beispielsweise an KIS-Lösungen oder an ein MRT, das Daten direkt an den behandelnden Klinikarzt überträgt.
Dr. Andreas Brielmaier: Wir setzen seit vielen Jahren auf offene Standards und Schnittstellen, browserbasierte Inhalte und einfache Integrationsmöglichkeit. Häufig erfahren wir direkt im Austausch mit unseren Kunden, welche Schnittstellen zu Lösungen von Drittherstellern oder Medizintechnikunternehmen gewünscht sind. Das setzen wir dann gemeinsam um.
Mednic.de: Dass Digitalisierungslösungen den Workflow im Gesundheitsbereich spürbar verbessern können, ist nahezu unbestritten. Warum hinkt der Gesundheitsbereich hier aber dennoch im Vergleich zu anderen Branchen hinterher? Was sind aus ihrer Sicht die Hauptursachen, die Entscheidungen verzögern oder gar stoppen?
Dr. Andreas Brielmaier: Sehr hohe Sicherheitsbedürfnisse spielen unserer Einschätzung nach eine zentrale Rolle dafür, dass sich Innovationen im Gesundheitsbereich oft nicht so schnell realisieren lassen wie in anderen Bereichen. Vielfach mangelt es auch an einer ganzheitlichen Betrachtung bei der Entscheidung über die Einführung technischer Neuerungen. Da wird nur auf das aktuelle Budget-Limit geachtet und nicht gesehen, dass sich Investitionen bei ganzheitlicher Betrachtung effizienzsteigernd auswirken.
Mednic.de: Auch Unify bietet mit „Health Connect“ Lösungen, die einerseits das Personal digital informiert halten, andererseits den Patienten einbinden. Ein sicherlich guter Ansatz, aber besteht nicht die Gefahr, dass Patienten in jeder Arztpraxis und in jeder Klinik mit neuen und jeweils anderen Apps konfrontiert werden? Wäre hier eine bundesweit einheitliche Lösung nicht eher im Sinne der Patienten?
Dr. Andreas Brielmaier: Ich kann diesen Einwand nachvollziehen. Lösungen für den Patienten sollten stets so einfach wie möglich nutzbar sein, das heißt in vielen Fällen z.B. browserbasiert. Diese Philosophie vertreten wir seit Jahren. Die Komplexität für die User zu reduzieren bleibt allerdings schwierig, solange es keine nationalen Vorgaben und Entscheidungen gibt. Zudem bestehen teilweise noch hohe Integrationsbarrieren, denn in verschiedensten Technologiebereichen sind wesentliche Player immer noch Verfechter proprietärer Systeme.