KI hilft bei Behandlung Schwerverletzter

Erstversorgung schwerverletzter Patienten
KI-Einsatz geplant: Die Erstversorgung schwerverletzter Patienten ist ein komplexer Prozess (Foto: spotmatikphoto/123rf.com)

Künstliche Intelligenz (KI) soll die Arbeit in der Notaufnahme künftig vereinfachen. Das Fraunhofer-Institut hat hierfür Anwendungen entwickelt, die das Krankenhauspersonal und Mediziner bei der Versorgung von Schwerverletzten im sogenannten Schockraum entlasten können.

Entwickelt wurden zwei Anwendungen im Zuge des Projekts „TraumAInterfaces“, in dem sich Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS in Zusammenarbeit mit weiteren Projektpartnern der Fragestellung widmen, wie Foundation Modelle und Large Language Modelle (LLM) bei der Schwerverletztenversorgung in der Notaufnahme bestmöglich das Behandlungsteam entlasten, und zugleich den Informationsaustausch optimieren.

Datenschutzkonforme Verarbeitung

Im Projekt „TraumAInterfaces“ entwickelten Sven Giesselbach, Teamleiter Natural Language Understanding am Fraunhofer IAIS und sein Team gemeinsam mit mehreren Partnern den „TraumAgent“ und den „FormAssistant“. Diese Prototypen sind KI-Technologien, die auf Foundation Modellen und LLM basieren. Dahinter stecken komplexe mathematische Funktionen, die auf großen Datenmengen trainiert wurden. Ihre Aufgabe: Sie sollen die Informationserfassung und -dokumentation im klinischen Kontext erleichtern. Das tun sie beispielsweise, indem die KI relevante Informationen der Gespräche in der Notaufnahme über Mikrofone automatisch erfasst, auswertet und datenschutzkonform weiterverarbeitet.

Welche Möglichkeiten sich durch die KI-Prototypen „TraumAgent“ und „FormAssistant“ für den medizinischen Bereich ergeben, wird im neuen Whitepaper „Künstliche Intelligenz im Schockraum: Wie Agenten und Foundation-Modelle bei der Versorgung Schwerverletzter helfen“ erläutert. Das Whitepaper wurde vom Fraunhofer IAIS in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Aachen und dem Klinikum Köln-Merheim angefertigt. Projektpartner war die Universität Witten/Herdecke. Getestet wurden die KI-Anwendungen in einem simulierten Schockraum des Klinikums Köln-Merheim. Das Whitepaper steht ab sofort kostenfrei zum Download zur Verfügung: www.iais.fraunhofer.de/traumAInterfaces

Vor allem in der Notaufnahme steht das medizinische Personal vor zahlreichen Herausforderungen. Die zeitkritische Versorgung der Schwerverletzten im sogenannten Schockraum, in dem die Erstversorgung schwerverletzter Patienten stattfindet, ist ein komplexer Prozess. Viele relevante Informationen werden dabei in kurzer Zeit über gesprochene Sprache kommuniziert. Hier setzt der „TraumAgent“ an: „Er bietet eine wesentliche Unterstützung während der Schockraumbehandlung, da er relevante Informationen, Phasen und Leitlinien übersichtlich darstellen kann“, erklärt Sven Giesselbach.

Sekundenschnelle Entscheidungshilfen

Vereinfacht gesagt ist der „TraumAgent“ eine Live-Anzeige im Schockraum, die Informationen dokumentiert. Auf einem Bildschirm werden aktuelle Prozessschritte angezeigt und durchgeführte Maßnahmen erkannt. Statt nur auf Handlungen zu reagieren, kann der sogenannte Agent selbstständig relevante Informationen suchen und für das Behandlungsteam aufbereiten. Auf diese Weise werden die Mediziner, die in Sekundenschnelle lebenswichtige Entscheidungen treffen müssen, entlastet. Die Künstliche Intelligenz bietet ihnen Entscheidungshilfen und sammelt zugleich automatisch wichtige Informationen, die auf diese Weise nicht verloren gehen.

Zusätzlich hilft der „FormAssistant“ beim automatischen Ausfüllen des sogenannten TraumaRegister-Bogens. Dieser Meldebogen wird für das Register benötigt, um die wichtigsten Informationen über eine Schockraumbehandlung zusammenzufassen und eine vergleichende Qualitätsanalyse über einzelne Krankenhäuser hinweg zu ermöglichen. Mit Hilfe eines LLM-Agenten unterstützt der Formularassistent das medizinische Personal bei Verwaltungsaufgaben, die normalerweise viel Zeit in Anspruch nehmen. „Durch den Einsatz von KI in der Notaufnahme entstehen viele Vorteile. Ressourcen können etwa besser genutzt werden, weil die Arbeitsabläufe effizienter werden. Auf diese Weise werden Zeit und Kosten eingespart und die Versorgungsqualität verbessert sich“, erklärt Sven Giesselbach.

Informationen für gesamte Behandlungskette

Foundation Modelle und LLM sind vielversprechende Technologien, die zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten eröffnen. Beispielsweise können aus dem Projekt gewonnene Daten als Grundlage für weitergehende KI-Anwendungen genutzt, oder eine Schnittstelle zur elektronischen Patientenakte geschaffen werden. Dadurch werden Informationen entlang der gesamten Behandlungskette übertragbar. Darüber hinaus ist es möglich, Anwendungen wie „TraumAgent“ und „FormAssistant“ in angepasster Form in vielen weiteren Bereichen wie der Polizei, der Feuerwehr oder der öffentlichen Verwaltung einzusetzen.

Die Anwendungsmöglichkeiten von Foundation Modellen im Gesundheitswesen stellt das Fraunhofer IAIS vom 9. bis 11. April 2024 auf der diesjährigen Fachmesse DMEA in Berlin vor (Halle 2.2 Stand D-108).