Hohe Anforderungen bremsen deutsche Medtech-Branche

Medizintechnik-Unternehmen in Deutschland bleiben hinter dem weltweiten Wachstum der Branche zurück. Vor allem die die zusätzlichen Anforderungen durch die EU-Medizinprodukte-Verordnung könnten dafür die Ursache sein.

Mit einer erwarteten Umsatzsteigerung von 5,8 Prozent wachsen die Unternehmen der Medizintechnologie weltweit nach wie vor deutlich stärker als in Deutschland, zeigt eine aktuelle Umfrage des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) im Vorfeld der Medica. „Der Export bleibt damit der stabilisierende Faktor in der Entwicklung der deutschen Medtech-Branche“, sagt BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll. Rückläufig ist hingegen die erwartete Umsatzsteigerung im Inland mit 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr (4,2 Prozent).

Geld für Standorte und Forschung

Obwohl sie unter Preisdruck stehen und Rückgänge der Gewinne hinnehmen müssen, investieren Medizintechnik-Unternehmen weiterhin verstärkt in ihre deutschen Produktionsstandorte. Laut der Umfrage erhöhen zwei Drittel der Unternehmen ihre Investitionen oder halten das Vorjahresniveau. Gleiches gilt auch für die Forschungsausgaben. Zwei Drittel der Firmen investieren mehr oder bleiben mit ihren Investitionen auf dem Niveau des Vorjahres.

Medtech-Unternehmen stellen ein

Knapp die Hälfte der BVMed-Unternehmen hat zudem zusätzliche Jobs gegenüber dem Vorjahr geschaffen. Arbeitsplätze wurden lediglich bei elf Prozent der Befragten reduziert. Fachkräfte sind in der Medtech-Branche nach wie vor begehrt. Das gilt insbesondere für Medizintechniker, regulatorische Fachkräfte und Ingenieure, aber auch Naturwissenschaftler, Pfleger, Wirtschaftswissenschaftler und Informatiker. 83 Prozent der Unternehmen haben offene Stellen zu vergeben. Gesucht werden vor allem Vertriebsmitarbeiter und Regulatory-Affairs-Fachkräfte.

Kräftezehrende Verpflichtungen

Als größtes Hemmnis für den medizintechnischen Fortschritt bezeichnen 81 Prozent der BVMed-Unternehmen die zusätzlichen Anforderungen durch die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR). In diesem Zusammenhang geht es vor allem um die Pflicht zu umfassenden klinischen Daten und um längere Konformitätsbewertungszeiten durch Ressourcendefizite bei den Benannten Stellen. 94 Prozent der Unternehmen sind davon überzeugt, dass als Folge der MDR-Implementierung die Preise für Hersteller und Vertreiber und damit dann auch die Preise der Produkte steigen werden. 87 Prozent der MedTech-Unternehmen befürchten sogar, dass Produkte aus ökonomischen Gründen vom Markt genommen beziehungsweise nicht auf den Markt gebracht werden. Sie sind davon überzeugt, dass das auch zu Lasten der Patientenversorgung gehen wird. Vor allem der auf kleine und mittelständische Unternehmen steigt, sodass Schätzungen zufolge zehn Prozent der Unternehmen und 30 Prozent der Produkte verschwinden werden.

Praxisorientierte Lösungen gefordert

„Die MDR ist der Hauptgrund für die eingetrübte Stimmung der Medtech-Branche“, so der BVMed-Geschäftsführer. Für viele unserer Unternehmen stehe die MDR für Ressourcendefizite bei den Benannten Stellen, längere Bewertungsverfahren und steigende Preise. Der Verband fordert daher bei der MDR praxisorientierte Lösungen, damit alle Produkte nach der EU-Medizinprodukte-Verordnung zertifiziert werden und den Anwendern und Patienten zur Verfügung stehen können.