Gewebepflaster unterstützt das kranke Herz

Rund 200.000 Menschen pro Jahr erleiden in Deutschland einen Herzinfarkt, drei Viertel dieser Patienten überleben. Allerdings bleiben am Herzmuskel der Betroffenen oft geschädigte Bereiche zurück, die ihre Kontraktionskraft dauerhaft verloren haben. Ein neuartiges Pflaster könnte hier in Zukunft helfen. 

Forscher arbeiten daran, dass geschädigte Gewebe am Herzmuskel mit Herzpflastern zu überbrücken. Diese im Labor gezüchteten Gewebeflicken bestehen aus kontraktionsfähigen Herzmuskelzellen. Wenn der Herzmuskel durch einen Infarkt geschädigt, bleibt immer verletztes Gewebe zurück. Herzmuskelzellen von Erwachsenen sind nicht in der Lage, sich zu teilen und neues Gewebe zu bilden. Derdauerhafte Funktionsausfall belastet den verbliebenen Herzmuskel bei rund Viertel der Infarktpatienten zu einer chronischen Herzschwäche. „Umso wichtiger ist es, dass die Forschung hier vorangetrieben wird“, sagt Professor Dr. med. Claus F. Vogelmeier, Kongresspräsident der diesjährigen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für innere Medizin (DGIM). Dabei nehme das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) eine besondere Rolle ein. Die Deutschen Zentren für sind ein Schwerpunktthema des 125. Internistenkongresses. Alle fünf Zentren präsentieren dort ihre aktuelle Forschung. 

Hilfe fürs Herz

Einige Labore weltweit arbeiten zurzeit mit verschiedenen Stammzellen, aus denen sich Herzmuskelzellen gewinnen lassen. Diese Zellen lassen sich entweder direkt in den Herzmuskel spritzen oder auf einem Gerüst aus Collagen oder Fibrin zu einem spontan schlagenden Herzmuskelflicken vorzüchten. In einem chirurgischen Eingriff werden die auch als „Engineered heart tissue“ (EHT) bezeichneten Gewebe auf die Oberfläche des Herzens aufgenäht, wachsen an und bilden neues Herzgewebe. 

„Das Aufbringen dieser Pflaster ist zwar aufwändiger als die Zellinjektion, hat aber mehrere Vorteile“, erklärt Professor Dr. med. Thomas Eschenhagen, Vorstandsvorsitzender des DZHK und Institutsdirektor am Zentrum für Experimentelle Medizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Da keine Zellen abgeschwemmt werden, ist die Effizienz deutlich erhöht. Außerdem gibt es keine Herzrhythmusstörungen wie nach einer Zellinjektion. Außerdem kann die Kontraktionskraft des neuen Gewebes bereits vor der Implantation getestet werden. 

Die Injektion von Herzmuskelzellen und das Aufbringen von Herzpflastern sind bereits erfolgreich bei verschiedenen Tierarten getestet worden. „Zum Teil ließen sich beeindruckende Mengen von neuem Herzmuskelgewebe nachweisen“, so Eschenhagen. Bis auf Herz-Rhythmusstörungen, zu denen es nach einer Zellinjektion vorübergehend kommen könne, seien keine schwerwiegenden Nebenwirkungen aufgetreten – insbesondere keine Tumoren, die als gefürchtetes Risiko bestimmter Stammzellenarten gelten. 

Erste Tests an Patienten

Einige Fragen sind noch nicht geklärt. Dazu zählt beispielsweise, wie der Langzeitverlauf eines derartigen Eingriffs ist. Zudem wird noch nach Zelllinien geforscht, die nicht abgestoßen werden und daher keine Immunsuppression erfordern. „Diesen Fragen gehen einige der vom DZHK geförderten Projekte derzeit noch nach“, sagt Eschenhagen. Die Mediziner sind zuversichtlich, schon in absehbarer Zeit Patienten mit den neuen Zellen behandeln, und ihre Herzfunktion wieder verbessern zu können. Im Rahmen einer DZHK-Studie sollen bereits im kommenden Jahr erste Herzpflaster an Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz getestet werden, die ansonsten auf ein Spenderherz angewiesen wären.