Gesundheitsbranche fehlt Digitalstrategie

Laut der Digital Health Trend Study 2019 des Beratungsunternehmens Simon-Kucher & Partners verfügen fast zwei Drittel der Pharma-, MedTech- und Consumer Healthcare-Unternehmen noch nicht über eine festgelegte digitale Strategie.

Die Digitalisierung hält immer stärker Einzug in die Gesundheitsbranche. Doch die Transformation läuft schleppend, der richtige Weg ist oft noch unklar. 59 Prozent der Pharma-, MedTech- und Consumer Healthcare-Unternehmen haben laut der aktuellen Digital Health Trend Study der Berater von Simon-Kucher & Partners noch keine final festgelegte digitale Strategie. Auffällig ist die hohe Anzahl an verschiedenen Ansätzen zur Implementierung einer unternehmensweiten digitalen Strategie.

Die Unternehmen arbeiten zur Definition ihrer Strategie mit unterschiedlichen Modellen: In 56 Prozent der Fälle definieren dezidierte digitale Teams die Strategie, 42 Prozent nutzen ein bereits bestehendes oder neu aufgebautes Commercial Team. Initiiert wird eine Digital Health-Strategie in den meisten Fällen auf Headquarter-Ebene des Unternehmens, nur in seltenen Fällen werden einzelne Länder oder Business Units unabhängig tätig. Fast 90 Prozent der Befragten definieren dabei die Strategie für sämtliche Geschäftseinheiten, bei 66 Prozent übernimmt das Headquarter die Planung, auch über alle geographischen Level hinweg. Der Fall, dass eine Strategie dann sowohl in allen geographischen als auch organisatorischen Stufen angewendet wird, tritt bisher aber nur bei 14 Prozent der befragten Unternehmen auf, die bereits eine definierte Strategie haben. Über die Hälfte dieser Gruppe sieht sich selbst auch als digitaler Vorreiter der Industrie.

Ressourcen und Kapazitäten fehlen

In Healthcare-Unternehmen mit einem dezidierten digitalen Team ist man meist sehr zufrieden mit der Strategiedefinition, es scheitert jedoch oft an der anschließenden Anwendung und Umsetzung, da Ressourcen und Kapazitäten fehlen. Wenn sich hingegen integrierte Commercial Teams der Thematik annehmen, sind nur fünf Prozent der befragten Unternehmen unzufrieden mit der Ausführung der digitalen Strategie.

Jan Bordon, Senior Director und Digital-Health-Experte bei Simon-Kucher & Partners, meint dazu: „Es gibt keine ,One size fits all’-Lösung für die Implementierung einer digitalen Strategie. Egal ob ein digitales oder ein Commercial Team verantwortlich ist, den Beteiligten muss am Ende klar sein, welche kommerziellen Optionen sich aus den neuen digitalen Lösungen ergeben. Das Unternehmen muss dafür digitales Fachwissen und Kenntnisse zum kommerziellen Marktzugang sicherstellen, indem nötige Ressourcen und die Unterstützung aller Abteilungen vorhanden sind.“

Kein einheitlicher Fokus

Die Ambitionen sind klar: 70 Prozent der Unternehmen in der Healthcare-Industrie wollen ihr bestehendes Produktportfolio durch digitale Zusatzleistungen verbessern, 38 Prozent auch durch eigenständige Digitalangebote ergänzen. Ein weiteres Ziel für die Hälfte der Befragten ist die Sammlung von Kundendaten zum Ausbau des Portfolios. Dabei konzentriert sich ein Drittel der Befragten nicht nur auf ein bestimmtes Thema, sondern verteilt die Investments gleichmäßig auf beispielsweise Digital Marketing, Produkte und Dienstleistungen sowie Digital Sales.

Bei allen Befragten liegt der Hauptinvestitionsfokus auf digitalen Produkten und Services. Die Begründung dafür ist nachvollziehbar: Firmen im Bereich Life Sciences rechnen mit lukrativen Auswirkungen auf ihre direkten und indirekten Vertriebsaktivitäten. Bis 2030 erwarten die Befragten, dass 32 Prozent des Umsatzes durch digitale Lösungen erzielt werden, kurzfristig liegt der geschätzte Anteil bei 13 Prozent.

Die Studie zeigt auch, dass innerhalb der Branche verschiedene Schwerpunkte gesetzt werden: Pharma- und Biotech-Unternehmen investieren einen Anteil von knapp 14 Prozent in digitale Forschungsmöglichkeiten und Studien, die Consumer Healthcare-Branche steckt fast ein Fünftel ins digitale Marketing. Der MedTech-Bereich setzt vor allem auf digitale Produkte und platziert hier 20 Prozent der Investments.

Für die Erhebung des Beratungsunternehmens wurden im Rahmen der „Digital Health Trend Study“ im August und September 2019 rund 120 Führungskräfte aus der Pharma- und MedTech-Branche weltweit befragt. Die Studie wurde von Jan Bordon und Kay Schultze durchgeführt. Die Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners ist mit über 1.400 Mitarbeitern in 39 Büros weltweit vertreten.