Forscher entwickeln Arthrose-Scanner

Arthrose ist eine Volkskrankheit: Vor allem im fortgeschrittenen Lebensalter leiden zahlreiche Menschen an schmerzhaften Verschleißerscheinungen der Gelenke. Künftig sollen Sensoren Knorpelveränderungen bereits feststellen, bevor eine Arthrose entsteht.

Am Ulmer Institut für Analytische und Bioanalytische Chemie arbeitet ein Forschungsteam um Professor Boris Mizaikoff an einer Lösung: Ein Sensor im mittleren Infrarotbereich, der während eines chirurgischen Eingriffes eingesetzt wird, soll Knorpelveränderungen bereits feststellen, bevor eine Arthrose entsteht. Dazu bündeln 13 europäische Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus sechs Ländern ihr Wissen – koordiniert von der finnischen Universität Oulu. Im Zuge des EU-Rahmenprogramms Horizont 2020 für Forschung und Innovation wird das Projekt namens „Miracle“ mit insgesamt rund 6,1 Millionen Euro gefördert.

Verletzungen frühzeitig erkennen

Die Diagnose Arthrose wird heute oft erst gestellt, wenn der schützende Knorpel bereits stark abgetragen ist und womöglich schon die Gelenkflächen aufeinander reiben. Dabei könnte ein Fortschreiten der Krankheit und letztlich der Ersatz des Gelenks in vielen Fällen verzögert werden, wenn Verletzungen des Knorpels frühzeitig erkannt und behandelt würden.

Die Ulmer Wissenschaftler entwickeln deshalb den Prototypen eines arthroskopischen Infrarot-Sensors, der krankhafte Knorpelveränderungen aufspürt, bevor eine schmerzhafte Arthrose entsteht. Der neuartige Sensor detektiert molekulare Veränderungen im Zuge der minimal-invasiven Gelenkspiegelung („Arthroskopie“) und könnte eine wesentliche Bereicherung für Patientenversorgung und Forschung sein: „Neben einer verbesserten unmittelbaren Diagnostik kann mithilfe dieser Messtechnik auch der Erfolg neuartiger Therapien überprüft werden“, erklärt Professor Mizaikoff. Zudem erhoffen sich die Wissenschaftler ein besseres Verständnis der Krankheitsentstehung und -entwicklung.

Das übergeordnete Ziel des Projekts Miracle ist eine personalisierte Krankenversorgung und letztlich eine geringere – auch finanzielle – Belastung des Gesundheitssystems. Denn in unserer alternden Gesellschaft wird die Diagnose Gelenkverschleiß in Zukunft noch häufiger gestellt werden.

Miniaturisierter Prototyp überzeugt

Die Ulmer Forscher bringen vor allem ihre Expertise im Bereich Infrarotspektroskopie und in der Miniaturisierung molekular-spezifischer Sensortechnologien ins Projekt Miracle ein. „Der neue Sensor basiert auf einer Serie abstimmbarer Quantenkaskadenlasern, einem integrierten Strahlkombinator, Infrarot- Lichtwellenleiterfasern, sowie einem Sensorelement, das im mittleren Infrarotbereich zur Spektroskopie und Bildgebung dient. Eine Herausforderung ist die Integration all dieser Komponenten in ein hochkompaktes Format, das die tatsächliche Anwendung während des arthroskopischen Eingriffs erlaubt“, erklärt Professor Mizaikoff. Ein miniaturisierter Prototyp hat im Vorfeld des Projekts bereits überzeugt: In Meniskusproben konnten beispielsweise krankhafte Veränderungen, aber auch atherosklerotische Ablagerungen an der Blutgefäßinnenseite erfolgreich detektiert und klassifiziert werden.

Im Zuge einer Gelenkspiegelung soll Miracle für den Operateur einfach zu handhaben sein und akkurate Ergebnisse liefern. Der Sensor soll möglichst schnell bis zur Marktreife entwickelt werden. „Nicht zuletzt aus diesem Grund gehören zahlreiche Partner aus der Industrie zum Miracle-Team, so dass zum Ende des Projektes ein marktreifer Prototyp vorgestellt werden kann“, betont Mizaikoff.

Für zunächst 42 Monate wird das EU-Projekt Miracle („Mid-infrared arthroscopy innovative imaging system for real-time clinical in depth examination and diagnosis of degenerative joint diseases“) mit insgesamt fast 6.134.000 Euro gefördert, wovon rund 842.500 Euro den Ulmer Forschern zugutekommen.