Produktfälschungen können auch in der Medizin zu einem großen Problem werden. In der Öffentlichkeit besonders diskutiert wurde zum Beispiel der Skandal um ein französisches Unternehmen, das Brustimplantate aus billigen Industrie-Silikonkomponenten verkauft hatte. Fraunhofer-Forscher haben jetzt ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Brustimplantate und andere Produkte dauerhaft und fälschungssicher kennzeichnen lassen.
Im Zuge der Globalisierung werden Produktfälschungen ein immer größeres Problem. Besonders riskant wird es, wenn Fälscher sensible Produkte wie Medizintechnik oder Medikamente ins Visier nehmen. Die Plagiate sind oft minderwertig und können die Gesundheit der Patienten erheblich beeinträchtigen oder sich sogar als lebensgefährlich erweisen. Die unerlaubte Manipulation nachzuweisen, ist nachträglich kaum möglich. Ob zum Beispiel minderwertiges Silikon verwendet wurde, lässt sich im Nachhinein nur mit erheblichem analytischen Aufwand aufdecken. „In der Regel kaufen die Fälscher hochwertige Einzelkomponenten von renommierten Lieferanten und strecken diese mit billigem Silikon, das einen Bruchteil des erstklassigen Materials kostet. Der finanzielle Gewinn der Produktpiraten ist immens“, sagt Dr. Joachim Storsberg, Wissenschaftler am Fraunhofer Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam und Gutachter in Gerichtsverfahren, die Brustimplantate betreffen. Das neue Verfahren der Forscher des Fraunhofer IAP soll derartigen Betrug künftig verhindern. Verkapselte Tomaten-DNA soll dafür sorgen, dass Produkte permanent und sicher gekennzeichnet werden.
Tomaten-DNA für Brustimplantate
Ihr neues Verfahren haben die Wissenschaftler bereits patentieren lassen. Mithilfe von DNA-Sequenzen werden Implantate permanent und identitätssicher markiert. Als Marker nutzen die Forscher Tomaten-DNA, die sich in diversen Experimenten als ideales Markierungsmaterial erwies. „Wir haben aus Tomatenblättern genomische DNA (gDNA) isoliert und in die Silikonmatrix eingebettet. Dabei haben wir zum Herstellen von Brustimplantaten zugelassene Siloxane, Bausteine für Silikonprodukte, verwendet“, so Storsberg. In Modellversuchen konnten die Forscherinnen und Forscher die Temperaturbeständigkeit der extrahierten DNA demonstrieren. Hierfür wurde das Silikon, in dem sich die gDNA befindet, fünf Stunden lang bei 150 Grad vulkanisiert. Danach wurde sie per PCR, einer Technik zur Vervielfältigung der DNA, und einem speziellen Analyseverfahren, der Gelelektrophorese, überprüft. Es zeigte sich, dass die DNA auch nach dieser Behandlung stabil blieb.
Wie ein Vaterschaftstest
Brustimplantate bestehen aus mehreren Silikonpolymeren, die vernetzt werden und ein Gel bilden. „Der Hersteller der Komponenten hat nun die Möglichkeit, gleich beim Produktionsprozess die Silikone mit der verkapselten Tomaten-DNA-Sequenz zu markieren. Die eingesetzte DNA sowie deren Konzentration sind nur ihm bekannt. Erst dann werden die Komponenten an den Produzenten des eigentlichen Implantats verkauft. Streckt dieser nun die Komponenten nachträglich mit minderwertigen Materialien oder verwendet er eine niedrigere Konzentration, so lässt sich dies per PCR nachweisen. Das funktioniert im Prinzip wie ein Vaterschaftstest“, erklärt Storsberg. Dabei hat die Tomaten-DNA noch weitere Vorteile: Sie ist kostenlos und kann zum Kennzeichnen vieler polymerbasieren Implantate eingesetzt werden. So eignet sie sich beispielsweise auch zum fälschungssicheren Markieren von Linsenimplantaten.