Digitale Gesundheitskompetenz fehlt

AOK-Bundesverband-Vorstandsvorsitzender Martin Litsch: Während die Digitalisierung immer weiter voranschreitet, wächst die Gefahr, dass die Bürger nicht mehr mitkommen.“ (Foto: AOK-Mediendienst)

Jedem zweiten Menschen in Deutschland fällt der Umgang mit gesundheitsbezogenen digitalen Angeboten und Informationen schwer. Das zeigen repräsentative Daten zur digitalen Gesundheitskompetenz in Deutschland, die jetzt erstmals erhoben wurden.

Im Auftrag der AOK-Gemeinschaft befragte das Institut Skopos bundesweit 8.500 Frauen und Männer im Alter von 18 bis 75 Jahren, wie gut sie digitale Gesundheitsinformationen finden, verstehen, bewerten und letztendlich für sich nutzen können. Mehr als die Hälfte der Befragten (52,4 Prozent) verfügt demnach nur über eine eingeschränkte digitale Gesundheitskompetenz. 48,4 Prozent fällt es nach eigenen Angaben schwer zu beurteilen, ob die Informationen zuverlässig sind oder nicht.

40 Prozent finden es zudem „schwierig“ oder „sehr schwierig“ herauszufinden, ob hinter den Gesundheitsinformationen kommerzielle Interessen stehen. „Während die Digitalisierung immer weiter voranschreitet, wächst die Gefahr, dass die Bürger nicht mehr mitkommen. Deshalb brauchen sie verlässliche und leicht verständliche Informationsangebote im Netz“, so Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes.

Frauen kompetenter

Frauen sowie Personen mit höherem Einkommen und höherer Bildung zeigen der Umfrage zufolge tendenziell eine höhere digitale Kompetenz. Zudem haben Personen mit sehr gutem oder gutem Gesundheitszustand laut Studie eine höhere digitale Gesundheitskompetenz als Personen mit mittelmäßigem bis sehr schlechtem Gesundheitszustand.

Damit alle von digitalen Angeboten profitieren, müssen Barrieren abgebaut werden, betont Litsch. Nur so würden die Menschen in die Lage versetzt, die richtigen Entscheidungen für die eigene Gesundheit zu treffen. „Wir achten bei der Entwicklung unserer digitalen Angebote darauf, dass die Versicherten die Informationen gut verstehen und letztendlich auch so nutzen können, dass sie ihnen nützen“, so Litsch. „Eine fundierte Gesundheitskompetenz kann helfen, eine Spaltung der Gesellschaft in Informierte und Uninformierte zu verhindern und damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern“, ergänzt Matthias Mohrmann, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg und Co-Autor der Studie. 

DiGAs in der Kritik

Die AOK-Gemeinschaft sieht aber auch die Risiken. Wachsam und kritisch begleitet sie insbesondere die Entwicklung bei den digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs). „Für die Patienten ist es entscheidend, dass DiGAs, die von den Ärzten verordnet und von den Kassen erstattet werden, einen echten medizinischen Nutzen bieten“, sagt Martin Litsch. Auch für digitale Anwendungen müssten ähnliche Anforderungen an die Evidenz gelten wie für die entsprechenden Leistungen aus der bisherigen Regelversorgung. „Eine DiGA sollte mindestens denselben Nutzen haben wie die heutige medizinische Leistung, die sie ersetzen will“, so Litsch. Leider seien die aktuellen Anforderungen an die DiGAs keine gute Basis, um die Spreu vom Weizen zu trennen.