Digitale Angebote: Patienten zögern noch

Die meisten Patienten in Deutschland sind zwar prinzipiell interessiert an  digitalen Gesundheitsanwendungen. Sie zögern allerdings noch, wenn es darum geht, bestehende Angebote auch zu nutzen.

Zu diesem Ergebnis kommt der Deloitte Global Health Care Consumer Survey 2019. Demnach sind deutsche Patienten sind im internationalen Vergleich zwar grundsätzlich offen für digitale Anwendungen, nutzen sie aber noch zurückhaltend. Wer bereits Erfahrungen mit digitalen Angeboten gemacht hat, sieht sie überwiegend positiv.  86 Prozent der etwa 3.600 Befragten in Deutschland, die digitalen Angeboten genutzt haben, sind laut Studie mit der Beratung über digitale Wege zufrieden. 73 Prozent von ihnen würden auf einen „digitalen Doktor“ beziehungsweise einen virtuellen Arztbesuch zurückgreifen.

„Die Deutschen zeigen sich sehr technikaffin und prinzipiell offen für entsprechende digitale Versorgungsangebote“, sagt Ibo Teuber, Director Life Sciences & Health Care bei Deloitte. Vor allem bei Millennials steige das Interesse an digitalen Angeboten, um ihre Gesundheitsversorgung zu verbessern. „Viele tragen schon heute einen Fitness-Tracker und informieren sich regelmäßig über ihre Herzfrequenz und die Schlafqualität”, so Teuber.

Ein Drittel setzt auf Digital

In den letzten zwölf Monaten nutzten 35 Prozent der Befragten digitale Anwendungen, um ihre Fitness- und Gesundheitsentwicklungen zu messen. 24 Prozent setzten sie ein, um gesundheitliche Einschränkungen wie erhöhten Blutzucker oder Blutdruck zu beobachten.

Einen virtuellen Arztbesuch haben bislang erst 13 Prozent der Deutschen getätigt. Ähnlich sieht es mit der Nutzung von Patienten- oder Arztportalen aus (17 Prozent). Die Bereitschaft hierfür hängt eng mit dem Vertrauen in die Sicherheit der Technik zusammen.

„Deutsche Patienten sind willig, digitale Anwendungen auszuprobieren, finden allerdings bisher wenig Anknüpfungspunkte. Ich bin guter Dinge, dass sich dies durch das DVG ab dem nächsten Jahr ändern wird“, so Ibo Teuber. Ein besonders heikler Punkt sei für viele Deutsche die Datenweitergabe „Wenn sensible Informationen mit Ärzten und Krankenhäusern geteilt werden, muss garantiert sein, dass diese nicht in falsche Hände gelangen oder ohne Einwilligung zu kommerziellen Zwecken verwendet werden“, fordert Teuber.

Datenintegrität entscheidet

36 Prozent der Befragten sind bereit, Daten mit ihrem Arzt zu teilen. Dafür stellen sie allerdings Bedingungen und wollen zum Beispiel genau wissen, wozu ihre Daten verwendet werden. Außerdem sollen die Informationen nicht zu kommerziellen Zwecken missbraucht werden und es soll einen sicheren Schutz vor Datendiebstahl geben. Auch die Weiterleitung an Dritte, wie beispielsweise an den Arbeitgeber, ist für die Befragten tabu.

49 Prozent sind der Ansicht, Informationen sollten insbesondere persönlich zwischen Patienten und behandelndem Arzt ausgetauscht werden.

Mit anonymisierten Daten sind die Befragten offenbar freigiebiger. Nur 28 Prozent würden sie nicht an Dritte wie etwa App-Entwickler geben. 30 Prozent würden ihre Daten mit Forschungsinstituten teilen. Generell ist die Bereitschaft zum Data Sharing immer noch am höchsten, wenn es um den persönlichen Arzt oder auch um Notfalldienste geht, die im Bedarfsfall auf digitalem Weg alarmiert werden könnten.

Bessere Bedingungen

Nach Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen wird es in Deutschland zukünftig unkomplizierter, die Gesundheitsfürsorge zumindest teilweise zu digitalisieren. Das gilt zum Beispiel für die Telemedizin und Videosprechstunden. Anbieter können virtuelle Sprechstunden nun angemessen abrechnen. Zudem soll nach dem Digitale-Versorgung-Gesetz die elektronische Patientenakte bis Januar 2021 fertiggestellt werden. Darüber hinaus sollen  digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) künftig über einen geregelten Prozess in die Versorgung kommen, damit sie wie Medikamente verschrieben und erstattet werden können.

Infrastruktur ausbauen

„Die gesetzlichen Voraussetzungen sind gegeben – jetzt braucht es Lösungen mit positivem Versorgungseffekt, um die Nutzung von digitalen medizinischen Angeboten voranzutreiben“, meint Teuber. Hierfür müsse die Infrastruktur ausgebaut werden, damit deutsche Patienten sektorenübergreifenden Zugang zu den entsprechenden digitalen Angeboten haben. Bestehende technische Standards sowie regulatorische Anforderungen sollten konsequent umgesetzt werden, ohne dabei die Benutzerfreundlichkeit einzuschränken. Die Studie steht online zum kostenlosen Download zur Verfügung.