COVID-19: Dezentrales Monitoring der Atmung

M3Spiro Rev03 für Spirometrie mit Atemluft (Foto: © Fraunhofer IPMS)

Ein dezentrales Monitoring der Atmung von COVID-19-Patienten auf Normalstationen und außerhalb der Klinik könnte die Intensivstationen stark entlasten. Bislang ist das nicht möglich. Das jetzt erfolgreich abgeschlossene Clusterprojekt M3Infekt könnte das ändern.

Der SARS-CoV-2-Virus stellt hohe Anforderungen an die medizinische Diagnostik. Auch milde Verläufe können sich akut verschlechtern und schwerwiegende Symptome verursachen. Oft jedoch sind plötzliche Gesundheitsverschlechterungen jedoch erst zeitverzögert erkennbar und Betroffene kommen daher zu spät in ein Krankenhaus. Sinnvoll wäre es daher insbesondere für gefährdete PatientInnen, ihre Werte durchgängig zu überwachen. Ein solches Monitoring jedoch ist bisher nur auf Intensivstationen mit den entsprechenden medizinischen Geräten und Fachpersonal möglich. Eine KI-gesteuerte, dezentrale Patientenüberwachung auf Normalstationen sowie in außerklinischen Umgebungen könnte die Krankenhäuser stark entlasten. Das im Jahr 2020 von der Fraunhofer-Gesellschaft initiierte und jetzt erfolgreich abgeschlossene Clusterprojekt M3Infekt sollte die technischen Grundlagen für eine mobile Erfassung, Analyse und Fusion relevanter medizinischer Daten schaffen. Damit werden valide Diagnosen über Zustand und Krankheitsverlauf auch aus der Ferne möglich und Intensivstationen nur um Notfall nötig.

Spirometrische Atemluftanalyse

Ein wichtiger Teil des Remote-Monitorings ist die spirometrische Atemluftanalyse. Sie erfolgt mithilfe eines MEMS-basierten Ultraschallsensors, der vom Fraunhofer IPMS in Dresden entwickelt wird. Die Spirometrie dient der Kontrolle des Luftflusses der Patienten und damit generell der Atmungsüberwachung. Neben anderen Parametern des Herz-Kreislaufsystems, wie Herzrate, EKG oder Sauerstoffsättigung, erlaubt das eine verlässliche Ferndiagnose von Atemwegserkrankungen, wie COVID-19, Asthma und COPD.

„Das übergeordnete Ziel bestand in der kontinuierlichen und mobilen Zustandsüberwachung von Patienten mit Atemwegserkrankungen im (prä-)klinischen und pflegerischen Umfeld durch die Erfassung von physikalischen Atmungsparametern mittels eines transportablen Sensorsystems“, so Dr. Sandro Koch, Wissenschaftler am Fraunhofer IPMS, zu den Anforderungen. Hierfür entwickelten die Forschenden ein Konzept für ein Ultraschallspirometer. Er besteht aus einem portablen System für Elektronik und Datenverarbeitung sowie ein Einwegmodul für die Sensorik. „Der Einsatz eines Wegwerf-Analysemoduls ist ein wichtiges Kriterium, um eine Kreuzkontamination zwischen Patienten zu verhindern“, so Koch.

Zu Testzwecken entwickelte das Fraunhofer IPMS das Spirometersystem M3Spiro Rev03 für Atemluft. Dabei wurde ein 3D-gedrucktes Einweg-Mundstück sowie ein Mehrweg-Strömungsrohr aus Polyactic (PLA) mit eingebetteten piezo-basierten Ultraschallsensoren verwendet. „Im Rahmen einer klinischen Studie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden (UKDD) wurde dieser Atemmesser erfolgreich an 33 Probanden erprobt“, sagt Koch. 

Weiterentwicklung

Mit seinem Team arbeitet der Wissenschaftler bereits an der nächsten Generation des Spirometersystems. Eine besondere Rolle soll dabei die Nutzung kapazitiver mikromechanischer Ultraschallwandler (CMUTs) spielen. Sie sollen eine weitere Verkleinerung des Spirometers bei geringerer Störanfälligkeit und höherer Genauigkeit möglich machen. 

„Die kapazitiven Wandler des Fraunhofer IPMS sind RoHS konform und bieten eine Alternative zu bisherigen piezoelektrischen Sensoren. Während die Forschenden in den durchgeführten Versuchen die Realisierbarkeit nachgewiesen haben, arbeiten sie nun an der Sensoroptimierung, der Systemgröße und der KI-Algorithmik. „Die identifizierten Herausforderungen im Spirometersystem werden in einem weiteren Entwicklungszyklus adressiert“, so Koch. Damit wollen die Forschenden den nächsten Schritt in Richtung einer wirtschaftlichen Verwertung gehen.