Bosch sieht die Medizintechnik als strategisches Wachstumsfeld und will den Bereich Bosch Healthcare Solutions mit Sitz in Waiblingen ausbauen. Zwei neue Partnerschaften mit einem Diagnostik-Lösungsanbieter und einem Medizintechnik-Hersteller zahlen darauf ein.
Für die universelle, vollautomatisierte molekulardiagnostische Analyseplattform Vivalytic hat Bosch eine Partnerschaft mit dem deutschen Unternehmen für Diagnostiklösungen R-Biopharm geschlossen. Beide Unternehmen investieren bis zum Ende des Jahrzehnts insgesamt 150 Millionen Euro.
Innerhalb der strategischen Entwicklungs- und Vertriebspartnerschaft wollen die Partner neue In-vitro-Diagnostik-Tests für die Vivalytic-Plattform entwickeln – darunter einen PCR-Test für multiresistente Bakterien auf Basis der neuartigen Bosch BioMEMS-Technologie. Ein weiteres, erklärtes Ziel ist es, den Vertrieb zu stärken.
Milliardenmarkt Molekulardiagnostik
„Wir bauen die Medizintechnik als strategisches Wachstumsfeld aus. Der Markt ist attraktiv für uns, denn wir können unsere langjährigen Kompetenzen und Erfahrungen aus Forschung und Entwicklung von Mikrochips, der Molekulardiagnostik und Miniaturisierung sowie unser Fertigungswissen einbringen”, sagt Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung von Bosch. „In der Medizintechnik sind Partnerschaftsmodelle ein attraktiver Weg, um Produktzyklen zu beschleunigen und Vertriebswege in diesem dynamischen, innovativen Markt zu erschließen”, ergänzt er. Der Markt für sogenannte Point-of-Care Molekulardiagnostik wird als zukünftiger Milliardenmarkt eingeschätzt. Bis 2030 streben Bosch Healthcare Solutions und R-Biopharm einen Umsatz im mittleren dreistelligen Millionenbereich ein.
Die R-Biopharm-Gruppe mit Sitz in Darmstadt verfügt über langjährige Expertise in der Klinischen und Lebensmittel-Diagnostik. Darüber hinaus nutzt das Unternehmen weltweit gut etablierte Vertriebskanäle. „Unsere Partnerschaft mit Bosch Healthcare Solutions markiert einen bedeutenden Meilenstein bei der Umsetzung der Wachstumsstrategie im Bereich der Klinischen Diagnostik der R-Biopharm Gruppe“, erklärt Dr. Frank Apostel, Vorstand Sales & Marketing für die Bereiche Klinische Diagnostik und Nutrition Care bei R-Biopharm.
Entwicklung neuer PCR-Tests
Ein Entwicklungsziel innerhalb der zehnjährigen Partnerschaft ist ein Test für multiresistente gramnegative Bakterien (MRGN), der mit der neuartigen BioMEMS-Technologie von Bosch umgesetzt werden soll. Der Vivalytic-Analyser von Bosch ist eine vollautomatisierte, universelle Plattform in der Größe eines Computer-Towers, auf der verschiedene Hersteller einfach und schnell Tests anpassen und umsetzen können. Die Testkartuschen enthalten bereits alle notwendigen Reagenzien. „Wir haben sozusagen ein Labor auf die Größe eines Smartphones geschrumpft“, sagt Bosch Healthcare Solutions-Geschäftsführer Marc Meier. „Unsere Vivalytic-Plattform wird mit der BioMEMS-Technologie noch effizienter und schneller, indem ein leistungsstarker Silizium-Chip aus Bosch-Entwicklung und -Fertigung das zeitgleiche Testen auf bis zu 250 genetischen Merkmalen (z. B. Erreger) in der Testkartusche vollautomatisiert in teils weniger als 15 Minuten ermöglicht“, ergänzt er. „Damit dringt Bosch mit seinen Partnern in die Nanofluidik vor, bei der sehr geringe Flüssigkeitsmengen im Nanoliter-Bereich verarbeitet werden.“ Diese weitere Miniaturisierung stärkt die Vorteile der Vivalytic-Plattform: Die kompakte Größe des Geräts ermöglicht eine schnelle und gezielte Diagnostik am Ort der Probenentnahme – direkt beim Arzt oder im Krankenhaus – ohne den oftmals zeitintensiven Umweg eines Zentrallabors. Die PCR-Tests lassen sich durch medizinisch geschultes Fachpersonal ohne spezielle Laborausbildung durchführen.
Partnerschaft mit Randox Laboratories
Beide Unternehmen wollen weitere PCR-Tests zum Nachweis für Tuberkulose und deren Resistenzen entwickeln. Bosch hat bereits vor wenigen Tagen eine erste Partnerschaft mit dem nordirischen Medizintechnik-Unternehmen Randox Laboratories Ltd. verkündet. Bis zum Ende des Jahrzehnts investiert Bosch mit beiden Partnern rund 300 Millionen Euro in die Weiterentwicklung der Analyseplattform Vivalytic.