Modernisierungsdruck gepaart mit Kostendruck. Die deutschen Krankenhäuser sind derzeit nicht zu beneiden. Viele Häuser schreiben seit Jahren rote Zahlen und trotzdem müssen sie investieren, um konkurrenzfähig zu bleiben. Vor allem kleinere kommunale Kliniken kämpfen um das Überleben. Dabei wird in vielen Häusern Potential verschenkt. So fehlt erschreckend oft die Übersicht über die klinikeigenen Prozesse – und diese ist in der Regel verbunden mit Kostensenkungspotentialen. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet vielfältige Chancen, dem zunehmenden Kostendruck zu begegnen. Voraussetzung ist die umfassende Analyse und Visualisierung von Daten – kurz: Business Intelligence.
Wie schlüsseln sich monatliche Sach- und Personalkosten auf? Welche Auslastung haben Untersuchungsräume und Operationssäle? Und wie sieht es mit der örtlichen Konkurrenz aus: Welches Krankenhaus hat ähnliche medizinische Schwerpunkte bei besserer Geräteausstattung? Wer sind die größten Mitbewerber für bestimmte Krankheitsbilder? Und wie sieht deren personelle Situation für diese Bereiche aus? Nur wenige Krankenhäuser können auf Fragen wie diese detaillierte Antworten geben. Zu zeitaufwändig und umständlich ist die manuelle Erstellung dieser Berichte.
Dabei verfügen die meisten Kliniken grundsätzlich über die entsprechende Datengrundlage: Daten aus finanzwirtschaftlichen Systemen sowie klinischen Informationssysteme wie SAP IS-H, SAP IS-H*Med, AGFA ORBIS, Medico, Cerner, iSoft oder Nexus liegen digital vor. Den Blick sowie den Vergleich auf die Konkurrenz ermöglichen die Qualitätsberichte – eine der umfangreichsten Informationsquellen im Gesundheitswesen. Diese seit 2005 standardisierten Berichte enthalten unter anderem Diagnosen, Geräteausstattung und Versorgungsschwerpunkte.
Besonders bei datenintensiven Entscheidungen profitabel
Interne Daten, der Abgleich mit der Konkurrenz durch Qualitätsberichte – es mangelt nicht an Informationen. Die Herausforderung besteht darin, die Informationen in einem einheitlichen System intuitiv zu verbinden und flexibel auszuwerten. Genau an dieser Stelle kommt Business Intelligence ins Spiel und ermöglicht die dynamische Analyse und visuelle Darstellung von großen Datenmengen, selbst wenn diese aus einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen stammen. Traditionell wird Business Intelligence (BI) vor allem im Medizincontrolling eingesetzt. Dabei kann BI auch in der täglichen Klinikorganisation unterstützen: Angefangen vom Personalmanagement bei der Dienstplanung bis hin zum Einkauf – Potentiale für Kosteneinsparungen gibt es in vielen Bereichen.
Was eine solche Analyse der Daten bringen kann, zeigt ein Beispiel aus Skandinavien. Das Sahlgrenska Universitätsklinikum in Göteborg – mit rund 2.700 Betten und 17.000 Mitarbeiter eines der größten Krankenhäuser Nordeuropas – spart dank einer neuen Business Intelligence-Lösung jährlich Millionenbeträge ein. Dabei verfolgte die Datenanalyse ursprünglich ausschließlich medizinische Zwecke: So setzten Ärzte und auf Business Intelligence (BI), um Komplikationen bei Operationen schwerer Kopfverletzungen zu analysieren und aus den gewonnenen Erkenntnissen bessere Behandlungsmethoden zu entwickeln. So sollte dem Ärzteteam durch eine Zusammenführung von Patientendaten aus über 30 verschiedenen Datenbanken ein gesamtheitlicher Blick auf Erkrankungen und Behandlungsmethoden ermöglicht werden. Der Erfolg, den das Krankenhaus mit der neuen BI-Lösung erzielen konnte, ließ alle Beteiligten staunen: Die Zahl der Komplikationen bei Operationen wurde gegen Null gesenkt und das Klinikum konnte jährliche Einsparungen in Höhe von fast zwei Million Euro realisieren – und das alles dank Datenanalyse und -visualisierung.
Sechs Kriterien zur Auswahl einer BI-Lösung
Doch welche BI-Lösung erfüllt die Bedürfnisse meines Krankenhauses am besten? Krankenhausleiter, die sich im Entscheidungsprozess für die passende Analysesoftware befinden, kann folgende Checkliste helfen:
- Datenvielfalt: Können Daten aus allen gängigen Informationssystemen einbezogen werden, so dass alle Fachabteilungen und ihre Analysebedürfnisse berücksichtigt werden? Lassen sich externe Daten wie offizielle Qualitätsberichte anderer Krankenhäuser einbinden, die mit den eigenen Daten verglichen werden können?
- Benutzeroberfläche: Wie intuitiv ist die Analyseplattform? Können berechtigte Anwender innerhalb weniger Minuten Analysen vornehmen und Berichte erstellen?
- Analysequalität: Folgt die Software starren Analyse-Pfaden oder lassen sich Daten in Beziehung zueinander setzen und damit Zusammenhänge erkennen?
- Implementierung: Wie schnell ist die Lösung implementiert? Sind die Anwendungen auf die speziellen Bedürfnisse von Krankenhäusern zugeschnitten? Verfügt der Implementierungspartner über Branchenexpertise und Referenzkunden?
- Governance und Sicherheit: Verfügt die BI-Lösung über umfassende Zugriffsrechte? Ermöglicht sie dem Anwender trotz umfassender Governance flexible Datenanalysen?
- Schnittstellen und Standards: Lassen offene Schnittstellen der BI-Lösung flexible, branchenspezifische Systemerweiterungen und maßgeschneiderte Applikationen zu?
Der zunehmende Kosten- und Qualitätsdruck lässt Krankenhäusern heute keine Wahl mehr: Business Intelligence ist eine unverzichtbare Lösung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Möglichkeiten, die sich bieten, beschränken sich bei weitem nicht nur auf das Controlling der eigenen Kosten und Prozesse. Vielmehr ermöglicht BI einen umfassenden Blick über die eigenen Krankenhausgrenzen hinweg und damit einen Vergleich mit anderen Kliniken auf dem Markt.
Autor: Karl Lukas
Karl Lukas ist Experte für den Bereich Gesundheitswesen bei dem Visual Analytics-Anbieter Qlik.