Digitaler Gesundheitsmarkt steht vor Boom

Symbolfoto Digitale Gesundheitslösungen
Digitale Gesundheitslösungen: „Wir erwarten eine entsprechend hohe Dynamik“ (Foto: © Pop Nukoonrat/123rf.com)

Der digitale Gesundheitsmarkt soll in Europa bis zum Jahr 2025 auf ein Volumen von 232 Milliarden Euro anwachsen, prognostiziert das Beratungsunternehmen Roland Berger. Ein Wachstumstreiber ist insbesondere die Covid-19-Pandemie.

Zahlreiche Patienten standen vor der Corona-Krise dem Arztbesuch per Videochat oder der Datenübermittlung an Versorger eher kritisch gegenüber. Doch ähnlich wie sich Tools für Videokonferenzen und den digitalen Datenaustausch bei Homeoffice-Arbeitern rasend schnell verbreitet und etabliert haben, konnten sich jetzt neue Technologien auch im Gesundheitsbereich viel schneller als zuvor erwartet etablieren. Der digitale Gesundheitsmarkt nimmt somit weiter an Fahrt auf. Das zeigt die Roland Berger-Studie „Future of Health 2 – The rise of healthcare platforms“, für die rund 500 Experten weltweit befragt wurden.

Rapides Wachstum um 50 Prozent

So hat sich im Vergleich zur letztjährigen Studie das erwartete Wachstum des digitalen Gesundheitsmarktes in Europa bis zum Jahr 2025 auf 232 Milliarden Euro erhöht, ein Plus von fast 50 Prozent. Für Deutschland liegt die Prognose bei 57 Milliarden Euro. Die Experten von Roland Berger gehen davon aus, dass die Pandemie den Digitalisierungsprozess der Branche insgesamt um rund zwei Jahre beschleunigt. „Die Ergebnisse unserer Befragung übertreffen die des letzten Jahres deutlich“, konstatiert Karsten Neumann. Er ist Partner bei Roland Berger und einer der Studienautoren. „Wir erwarten eine entsprechend hohe Dynamik im Markt, die in den kommenden Jahren auch Fusionen und Übernahmen nach sich ziehen wird.“

Chancenreiche Plattform-Spezialisten 

Das durch die Pandemie beschleunigte Wachstum trifft auf einen bislang deutlich fragmentierten Markt. Diesen beschreibt die Unternehmensberatung so: Einerseits versuchen sich hier große Technologieunternehmen mit riesigen Datenmengen zu positionieren. Andererseits bringen kleinere Anbieter Applikationen und spezielle Lösungen für bestimmte Krankheiten, wie etwa Diabetes, auf den Markt.

2019 waren sich noch 61 Prozent der Experten sicher, dass die großen Tech-Konzerne bis 2025 ein integraler Bestandteil des Gesundheitssystems sein werden. Die aktuellen Umfrageergebnisse zeigen jedoch: Lediglich zehn Prozent der Patienten mit Vorerkrankungen würden sich an diese Unternehmen wenden. „Damit steigen die Chancen für Unternehmen und Plattformanbieter aus dem Gesundheitswesen, die als Schnittstelle virtuelle und reale Dienstleistungen kombinieren“, sagt Neumann. 

An diese neuen Plattformmodelle sollten sich auch ambulante Dienstleistungsanbieter anpassen. Ansonsten laufen sie mittelfristig Gefahr, aus dem Markt gedrängt zu werden. So erwarten etwa 64 Prozent der Befragten veränderte Geschäftsmodelle für ambulante Dienstleistungen. „Es ist wichtig, dass Anbieter jetzt die Weichen für die nächsten Jahre stellen“, rät Karsten Neumann. 

Mit passenden Geschäftsmodellen drängen auch neue Spieler in den Markt. So verschärfen Start-ups den Wettbewerb in allen beteiligten Industrien – sei es in der Pharmabranche, bei den Versicherern, bei Leistungserbringern oder bei Technologieunternehmen. „Es entstehen immer mehr Spezialisten. Das führt zwangsläufig zu einer Vernetzung untereinander, um eine durchgehende User Journey zu gewährleisten“, erklärt Neumann. „Relevante Partnerschaften, in denen alle Teilnehmer profitieren, werden in Zukunft der entscheidende Erfolgsfaktor sein.“ 

Plattformen international bereits erfolgreich

Praktische Beispiele unterstreichen diese Entwicklung. So bringt eine Versicherung in Mexiko bereits heute 22.000 Versorgungsanbieter mit über 250.000 Patienten in einer Plattform zusammen. Ein chinesisches Unternehmen bündelt große Datensätze, Online-Terminvereinbarungen und gesundheitsfördernde Programme auf einer anderen Plattform. Und in Saudi-Arabien ist die Plattformintegration bereits Teil des gesamten Gesundheitssystems. Um Schritt zu halten, sollten europäische Marktteilnehmer nach Einschätzung des Beratungsunternehmens ihre Strategien neu definieren. „Durch den Plattformgedanken sind alle Chancen für die Marktteilnehmer offen, es wird keine ‚the winner takes it all‘- Situation geben“, so Neumann. 

Die vollständige Studie „Future of Health 2 – The rise of healthcare platforms“ bietet Roland Berger hier zum Download an.