Das Gesundheitswesen leidet nach wie vor unter eklatantem Fachkräftemangel. In seinem Beitrag beleuchtet Gastautor Nils Menne von Real Life Sciences das Gesundheitswesen und die Struktur deutscher Kliniken angesichts der Corona-Pandemie und erklärt unter anderem, wie sich Fachkräfte binden lassen.
Gastbeitrag von Nils Menne
Die Corona-Pandemie trifft gerade viele Wirtschaftsbereiche unvorbereitet, manche jedoch bedeutend härter. Deutsche Kliniken hatten bereits vor der Krise mit personellen und finanziellen Engpässen zu kämpfen – die derzeitige Situation trägt also sicher nicht zur Entspannung bei. Ganz im Gegenteil: Die ökonomischen Folgen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzbar und geschultes Fachpersonal wird nach wie vor händeringend gesucht, um die Pandemie einzudämmen.
Um die personellen Engpässe abzuwehren und gestärkt aus der Krise hervorzugehen, gilt es, das Gesundheitswesen und die Struktur deutscher Kliniken detailliert zu betrachten und zu hinterfragen.
Status Quo Gesundheitswesen
Die aktuelle Personallage in deutschen Kliniken kann generell als schwierig bezeichnet werden. Aus einem ehemaligen Personalüberschuss der 2000er Jahre hat sich ein deutlicher Stellenrückgang, auch bedingt durch geschaffene Planstellen, entwickelt. Einen medizinischen Fachbereich herauszupicken, der besonders vom Personalnotstand betroffen ist, ist nahezu unmöglich – denn alle Bereiche leiden. Seit der Pandemie steigt jedoch besonders der Bedarf im intensivmedizinischen Bereich, rund um Internisten, Allgemeinmediziner und dem Pflegebereich.
„Crasht“ die Personalnot unser Gesundheitssystem?
Aktuell halten besonders die Arbeitsmoral des Fachpersonals und die im europäischen Vergleich gute medizinische Ausstattung das Gesundheitssystem am Laufen. Unzählige Überstunden von Pflegern und Ärzten und eine höhere Anzahl an Intensivbetten sind der Garant für die stabile medizinische Versorgung. Dennoch ist die Frage und Unsicherheit nach dem Worst-Case berechtigt: kann das Gesundheitssystem einbrechen? Denn sollte nicht mehr genügend medizinisches Fachpersonal zur Verfügung stehen und die Bettenkapazität ausgeschöpft sein, müssten Kranke und Infizierte von Kliniken, die an ihre Kapazitätsgrenze gebracht wurden, abgewiesen werden.
Mut zu neuen Recruiting-Lösungen
Bereits vor der Akutsituation hat sich die Suche nach medizinischem Fachpersonal und Ärzten als Herausforderung gestaltet – hauptsächlich dem Fachkräftemangel geschuldet. Hinzu kommt, dass die Rekrutierung oft mit hohem administrativem Aufwand verbunden ist, zuständige Abteilungen ohnehin schon unter Zeitnot stehen und der gewünschte Erfolg aufgrund überholter Rekrutierungsmaßnahmen und einer veralteten Hierarchiestruktur oft ausbleibt. Schnelle, neue Lösungen sind nun gefragt!
Besonders die veralteten Rekrutierungsmaßnahmen und die hierarchische Struktur des Gesundheitswesens sollten als Pain-Points erkannt und behoben werden. Welche Recruiting-Möglichkeiten kann das Klinikmanagement nutzen, um die besten Köpfe zu gewinnen? Not macht erfinderisch – um dem Personalnotstand entgegenzuwirken beschreitet das Gesundheitswesen zurzeit alternative Wege. Pensionierte Ärzte sowie Medizinabsolventen „stopfen akute Löcher“ des Fachkräftemangels. Wie lange das gut geht ist nicht absehbar – es ist zumindest keine nachhaltige Lösung des Problems.
Um dem Kern des Problems näher zu kommen, muss der Begriff „Fachkräftemangel“ im Krankenhaus differenzierter betrachtet werden. Längst verbirgt sich dahinter nicht nur die Berufsgruppe der Pflegenden. Das Krankenhaus als Wirtschaftsunternehmen hat viele Berufsbilder, welche den allgemeinen Entwicklungen der Experten-Verknappung unterliegen. Aber auch andere Stolpersteine müssen hier genannt werden. Denn besonders Größe und Lage einer Klinik entscheiden über mangelhafte Bewerberzahlen und tragen so zum Personalnotstand bei. Entscheidend ist auch die Personalplanung einzelner Kliniken. Selten erstreckt sich eine Planung über mehr als ein Jahr im Voraus – Klinikverbände stehen also monatlich vor der Herausforderung, neues und kompetentes Personal zu akquirieren.
Pain-Point Nummer eins bleibt der Fachkräftemangel
Dieser sollte durch einen Mix verschiedener Maßnahmen eingegrenzt werden – die Basis hierfür stellt die Mitarbeiterbindung dar. Erst nachdem eine unternehmerische und authentische Attraktivität als Arbeitgeber erreicht ist und tatsächlich gelebt wird, sollte durch strategische und nachhaltige Employer Branding Maßnahmen gezielt und verstärkt nach außen agiert werden.
Die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen steht hier im Fokus. Themen wie Work-Life-Balance, Gesundheit, technische Ausstattung, Qualifizierung und nicht zuletzt Führung/Aufstiegschancen sind die Handlungsfelder, die genutzt werden müssen. Wirksame Maßnahmen können beispielsweise innovative Dienstzeiten, die Umstellung auf digitale Krankenakten, umfangreiche Fort- und Weiterbildungsangebote, kostenlose Verpflegung, eine Kinderbetreuung sowie Kurse zur Gesundheitsförderung sein.
Fachkräfte bereits während der Ausbildung binden
Zukünftige Fachkräfte durch eigene Ausbildungen oder mithilfe von Kooperationspartnern zu gewinnen, ist ein wichtiger Baustein des weiteren Vorgehens. Eine direkte Zielgruppenansprache kann beispielsweise durch Kooperationen mit Schulen oder der Teilnahme an Azubi-Messen stattfinden.
Wichtige Markenbotschafter sind darüber hinaus natürlich die eigenen Mitarbeiter. Wenn diese das positive Image nach außen transportieren, leisten sie einen wesentlichen Beitrag zur Personalgewinnung. Zur Außendarstellung bieten sich außerdem die Karriereseite, Print- und Onlineanzeigen sowie ausgewählte Social-Media-Kanäle an. Es empfiehlt sich mehrere Kanäle parallel zu nutzen, um eine hohe Sichtbarkeit zu erzielen.
Hierbei ist es besonders wichtig die positiven Seiten des jeweiligen Berufs zu bewerben, aber auch durchaus selbstkritisch Verbesserungspotentiale im eigenen Haus zu benennen.
Printmedien-Ansprache und persönliche Kontakte reichen jedoch nicht mehr aus, um erfolgreich Experten und vor allem Young Talents zu finden. Neue Wege müssen gegangen werden. Als zusätzliche und erfolgreiche Maßnahme empfiehlt sich die Auslagerung des Recruiting durch Personalvermittler. Real Life Sciences vermittelt beispielsweise Ärzte und medizinisches Fachpersonal, die sich für die Bekämpfung des Virus einsetzen, gebührenfrei an Einrichtungen wie Krankenhäuser, Klinikverbände und medizinische Versorgungszentren.
Fazit
In der Corona-Zeit wird dem deutschen Gesundheitswesen gerade detaillierter als lange zuvor gespiegelt, welche Probleme und Herausforderungen zeitnah in Angriff genommen werden müssen. Die Fachkräftesicherung im Krankenhaus ist die Basis für die Zukunft und kann als Initiator der Trendwende genutzt werden. Denn werden die richtigen Stellschrauben gedreht und ein Kulturwandel vorangetrieben, kann das Gesundheitswesen in neuem Glanz erstrahlen.