Täglich Verletzte durch E-Scooter

Die Ärzte lagen mit ihren Prognosen richtig: Unmittelbar nach Einführung der E-Scooter in vielen deutschen Großstädten füllen Verletzte die Notaufnahmen – teils mit schweren Kopfverletzungen. Hamburger Mediziner planen jetzt ein Register.

Die Verkehrswende ist in aller Munde – auch die deutschen Großstädte sollen vom überbordenden Autoverkehr entlastet werden. E-Scooter als smarte Kurzstreckenfahrzeuge könnten hierzu beitragen. Doch wie zuvor schon in den USA sorgen die Miniroller auch hierzulande bisher hauptsächlich dafür, dass die Arbeitsbelastung in Notaufnahmen nicht abebbt.

Allein in der Asklepios Klinik St. Georg, die mitten in der Hamburger City und damit im Zentrum der fast 3.000 in der Hansestadt zur Miete stehenden E-Scooter liegt, wurden in den vergangenen drei Wochen mehr als 15 Verletzte behandelt. „Die Bilanz ist erschreckend, vor allem, weil viele Kopfverletzungen dabei waren und die Fahrer in keinem Fall einen Helm trugen“, erklärt Professor Dr. Christian Kühne, Chefarzt des Chirurgisch-Traumatologischen Zentrums der Klinik. „Wir haben schon mehrere Patienten mit Verletzungen am Schädel oder im Hirnbereich behandelt, außerdem gab es bereits schwere Gelenkverletzungen, Verletzungen im Bereich des Brustkorbs und auch diverse Prellungen und Hautverletzungen“, so der Unfallchirurg. 

Unfälle in Register zusammentragen

Auch die Ärzte und Pflegekräfte der Asklepios Kliniken in den Hamburger Stadtteilen Altona, Wandsbek und Harburg haben bereits eine Reihe von Verletzten nach Stürzen mit den E-Scootern behandelt. „Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Verletzten noch steigt, und haben deshalb beschlossen, die Unfälle so schnell wie möglich in einem Register zusammenzutragen, um unter anderem die Art der Verletzungen und die Umstände der Stürze zu dokumentieren und später für eine Studie auszuwerten,“ so Professor Kühne.

In dem geplanten Register sollen die Meldungen der Notaufnahmen und Unfallchirurgen aus allen Hamburger Asklepios Kliniken (Altona, Barmbek, Harburg, St. Georg, Nord, Wandsbek und Westklinikum) zusammengeführt werden. „Wir erfassen dann zum Beispiel den Schweregrad der Verletzung, ob der verletzte Scooter-Fahrer einen Helm getragen hat, ob er zum ersten Mal mit einem E-Scooter unterwegs war und ob es ein Sturz oder eine Kollision war“, erläutert Chefarzt Professor Kühne.

Scooter-Fahrer ohne Helm unterwegs

„Unabhängig von den Ergebnissen der geplanten Studie ist aber jetzt schon klar, dass Scooter-Fahrer ohne Helm ein besonders großes Verletzungsrisiko haben. Auch wenn der Gesetzgeber keine Helmpflicht für E-Scooter vorsieht: als Ärzte, die diese schwerverletzten Patienten behandeln, raten wir dringend dazu, beim Fahren einen Helm zu tragen!“, unterstreicht Kühne. Damit wiederholt der Unfallchirurg die gemeinsame, eindringliche Warnung seiner Chefarztkollegen aus der Asklepios Klinik Altona, die bereits Ende Mai 2019 – also vor Beginn der Zulassung auf deutschen Radwegen – vor den Gefahren durch leichtsinnigen Gebrauch der E-Scooter gewarnt hatten. Damals hatten die Mediziner eine US-Studie aus Texas zitiert, nach der 45 Prozent aller Verletzten nach E-Scooter-Unfällen eine Kopfverletzung aufwiesen. Praktisch kein Fahrer trug einen Helm.