Können automatische Sprachdialogsysteme verhindern, dass Menschen in Panik vor einer Corona-Infektion das nächste Krankenhaus aufsuchen? Ein Schweizer Unternehmen ist davon überzeugt.
Angesichts der grassierenden Coronavirus-Ausbreitung richten immer mehr betroffene Regionen und Länder Telefonhotlines für die Bevölkerung ein. Allerdings sind viele Hotlines dauerbesetzt, ein Durchkommen ist kaum möglich. Das müsste nicht so sein: Automatische Sprachdialogsysteme heben sofort ab und nehmen Anliegen in natürlich gesprochener Sprache entgegen.
„Das sprunghaft steigende Anrufaufkommen wird in der Regel nur durch den Einsatz von Sprachcomputern zu bewältigen sein“, meint die Schweizer Spitch AG, selbst Anbieter von Sprachdialogsystemen. Die Schweizer Firma ist davon überzeugt: Wenn Menschen, die bei sich eine Infektion befürchten, bei einer Hotline anrufen und dann in einer Warteschleife landen, suchen sie das nächstgelegene Krankenhaus auf. Besteht tatsächlich eine Infektion, ist die Gefahr groß, dass diese in die Klinik eingeschleppt und das ohnehin knappe medizinische Personal angesteckt wird. „Daher ist es von höchster Priorität, dass jeder Anrufer sofort telefonisch zufriedengestellt wird, so dass er zunächst zu Hause bleibt“, sagen die Schweizer Spezialisten.
300.000 Anrufer für 60 Mitarbeiter
Als Beispiel für die Situation verweist Spitch auf die Region Lombardei in Italien. Für die dortige Hotline sind 60 Mitarbeiter an 90 Telefonleitungen aktiv. Doch angesichts von 300.000 Anrufen täglich, also durchschnittlich 1.200 Anrufen pro Stunde, kommt es zu frustrierend langen Wartezeiten, bevor die Anrufer mit jemandem sprechen können.
Der Einsatz von Sprachdialogsystemen sei der einzige Ausweg, derartige Anrufvolumina zu bewältigen, meint die Spitch AG. Schon 2019 hat das Unternehmen gemeinsam mit dem italienischen Anbieter Dotvocal ein Sprachsystem speziell für medizinische Hotlines entwickelt. Das System ist bereits beim italienischen Gesundheitskonzern Casa della Salute im Einsatz, dort vor allem für die automatische Terminvereinbarung. Das gemeinsam mit Dotvocal entwickelte System kann Anrufe, Textnachrichten und andere Quellen kohärent zusammenbringen und automatisiert verarbeiten.
So können Anfrager nicht nur anrufen, sondern auch über moderne Kommunikationsmedien wie Chatbots auf einer Webseite oder Facebook ihre Anfrage loswerden und praktisch verzögerungsfrei adäquate Antworten erhalten. Der Anfrager kann sich in natürlich gesprochener Sprache oder freien Textnachrichten äußern. Durch Natural Language Processing und Künstliche Intelligenz wird das Anliegen verstanden und – gegebenenfalls nach Rückfragen – sofort bearbeitet.
Sprachdialogsysteme im Gesundheitswesen kein Tabu
Eine von Spitch in Auftrag gegebene Studie kommt anhand einer Umfrage unter 100 Experten zu dem Schluss, dass 87 Prozent der Fachleute den Einsatz von Sprachdialogsystemen im Gesundheitswesen als vielversprechend einstufen. 54 Prozent der Experten halten die leichte Skalierbarkeit, also die Bearbeitung großer Anrufvolumina bei Bedarf, für den wichtigsten Pluspunkt. 51 Prozent (Mehrfachnennungen waren erlaubt) stufen die völlig automatische Bearbeitung der Mehrzahl aller Anfragen als besonders wichtig ein. 41 Prozent der Fachleute werten es als größten Vorteil, dass von modernen Systemen alle Daten zum jeweiligen Fall, beispielsweise auch aus dem E-Mailverkehr, einbezogen werden können.